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Im Tristel waren wir Dorfkinder schon immer daheim!

Im Tristel waren wir Dorfkinder  schon immer daheim! Im Tristel waren wir Dorfkinder  schon immer daheim!

Die 100-Jahr-Jubiläumsfeier der Familie Portmann und ein freudiges Wiedersehen nach 45 Jahren auf dem Bauernhof Tristel – das wurde zu einer ganz besonderen 1.-August-Feier.

HEIDI GROB-BLACKEY

Die Familie Portmann bewirtschaftet bereits seit 100 Jahren einen ordentlichen Bauernhof im Tristel bei Einsiedeln. In der dritten Generation wird der Hof mit viel Freude und Leidenschaft geführt. Daher wurden zum 1. August 2020 Nachbarn, Bekannte und ehemalige Helfer, Mägde und Knechte eingeladen, diesen speziellen Anlass gemeinsam zu feiern. Fotos und Statistiken aus den Jahren 1920 bis 2020 Wenn man auf den Bauernhof zugeht, wird man von dessen idealen Lage, Grösse und dem mit vielen bunten Blumen geschmückten Antlitz betört. Als erstes wurden wir beim Betreten des Hofes, unter den vorgeschriebenen Corona-Auflagen, auf einen spannenden Rundgang durch den gesamten familiären Hof geführt. Es gab viel zu bestaunen; auf verschiedenen Posten wurden viele hochinteressante Fotos sowie Statistiken aus der Zeit von 1920 bis 2020 zur Schau gestellt und der auf Hochglanz polierte Maschinenpark wurde stolz präsentiert.

Neben den wohlgehaltenen Kühen mit ihren Kälbern lagen neugeborene Kätzchen im Stroh und der mit viel Aufwand gehegte und gepflegte Garten nebenan war vollgepackt mit wunderschönen Blumen, Kräutern und Gartenzwergen.

Bei musikalischer Unterhaltung durch die Einsiedler Fasnachtsgruppe «Liberemänts» wurden die Gäste mit Getränken und einem reichhaltig, mit viel Liebe belegten Kuchen-Buffet verwöhnt. Derweil konnten die Kinder ihre Künste beim Tischtennis testen. Es herrschte ein freudiges Beisammensein unter den zahlreich erschienenen Gästen und man sah dabei ringsum viele glückliche Gesichter an diesem Fest. Gegenseitig erkundigte man sich nach der aktuellen Situation des Gegenübers und tratschte entspannt über dies und das.

Schöne Erinnerung an eine naturverbundene Kindheit Nicht nur wegen der perfekt vorbereiteten Feier wurde der diesjährige Geburtstag der Schweiz für mich zu einem unvergesslichen Tag: Meine Kindheit habe ich, Heidi Grob-Blakey, Jahrgang 1963, als jüngstes Kind einer fünfköpfigen Familie, im schönen Einsiedeln verbracht. Mein Vater Vincent, ein gebürtiger Engländer, arbeitete bis zu seiner Pensionierung als Kondukteur bei der SOB. Meine Mutter Berta wuchs in Gersau am Vierwaldstättersee auf und verkaufte viele Jahre lang im nostalgischen «Goldapfel» an der Hauptstrasse in Einsiedeln Schafböcke und Honiggebäcke.

In den 80er-Jahren wurde ich schlussendlich «flügge» und zog hinab an den schönen Zürichsee. Ich bin stolze Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und wohne seit 15 Jahren zusammen mit meinem Lebenspartner Markus in Siebnen. Als meine Eltern noch lebten, war ich oft bei ihnen in Einsiedeln zu Besuch. Auch heute denke ich gerne an meine schöne naturverbundene Kindheit zurück.

Ein ganz besonderer Bauernhof am Rande unseres Dorfes

Als Kinder haben meine beste Freundin Lotti und ich viele unvergessliche Abenteuer erlebt. Damals gab es – zum Glück – noch keine Handys und auch kein Internet. Wir beide waren daher sehr naturverbunden. Vor allem die Tiere hatten einen hohen Stellenwert in unserem jungen Leben. In der Zeit zwischen zirka 1970 bis 1980 verbrachten wir regelmässig unsere schulfreien Tage auf einem ganz besonderen Bauernhof am Rande unseres Dorfes.

Der Landwirt Alois Portmann und seine Frau Martha sind sehr kinderliebend. Daher herrschte mittwochs und samstags im Tristel stets ein reges Treiben. Wisel und seiner Frau war dies recht, denn auf diese Weise hatten ihre eigenen Kinder einen guten sozialen Kontakt mit den anderen Einsiedler Kindern. Die in der Nähe wohnenden Jungs standen dem Bauern Wisel am Hof stets tatkräftig zur Hand. Zum Dank für unsere Hilfe wurden wir Kinder von Alois und Martha stets zum Znüni mit Wurst und Brot eingeladen.

Heute mag ich mich überraschend gut an viele Details erinnern; gelegentlich sind wir im Winter hinter dem Hof in Gummistiefeln auf alten Holzskiern den Hügel hinuntergerutscht. Das war ein Riesenspass! Die meisten sind nicht weit gekommen und landeten kopfvoran im tiefen Schnee. Ein anders Mal haben wir uns eine Schlacht mit Hühnereiern geliefert! Der Bauernsohn Röbi – heutiger Pächter und Eigentümer der Bauernhofgebäude im Tristel – warf in seinem Übermute sogar ein paar Eier die Kellertreppe hinunter. Röbi selbst war schon immer ein «gefundenes Opfer» für Lausbubenstreiche. Einmal wurde er im Keller eines kleinen Schopfes eingesperrt. Die grosse – vermutlich noch zusätzlich beschwerte – Falltüre war einfach zu schwer für den kleinen Bengel. So blieb ihm nichts anderes übrig, als die Zeit in einer dunklen Ecke neben grossen stinkenden Pferdeknochen auszuhocken. Gar bis zum «Zvesper » dauerte es, bis sein Verschwinden bemerkt wurde und er wieder ans Tageslicht durfte. Ein anderes Mal haben die übermütigen Jungs beim herumballern mit dem Luftgewehr Röbi auch noch ins Fudi geschossen. Nur gut, dass der Hosensack seiner hochwertigen Jeans dem Projektil standgehalten hat! Natürlich will auch heute noch keiner dafür zuständig gewesen sein.

«Händer wiedermol de Goali im Füdle?»

Nicht einmal die Schweine entgingen den Untaten der «Tristel- Bande». Eines Tages sprangen – wie aus Geisterhand – plötzlich alle Schweine frisch und fröhlich auf der Wiese herum. Vater Wisel musste diese anschliessend mühevoll wieder einfangen und zurück in den Saugaden bringen.

Grossvater Josef hingegen, welcher die Betreuung der Hühner unter sich hatte, wägte sich im Glauben, bei der Hühnerklappe im Hühnerstall ein todsicheres System gegen solche Übeltäter zu haben. Diese raffinierte Konstruktion ermöglichte das Öffnen und Schliessen des Hühnertürchens durch eine simple Schnur. Doch nicht einmal diese speziell ausgeklügelte Verschlussmethode hielt unseren kleinen «Terroristen» stand: Der Hühnerschopf wurde tatsächlich zum Ziel des nächsten «Anschlags ». Die mutwillig freigelassenen Hühner erfreuten sich jedenfalls ihres unerwarteten Freilaufs – der Kommentar des Grossvaters zur wiederholten Untat der Knechte – einfach unvergesslich: «Händer wiedermol de Goali im Füdle?» Richtigen Ärger hat es ab all unseren Untaten nie gegeben. Der Bauer war uns Kindern gegenüber stets freundlich gesinnt. Ich werde es nie vergessen, als er mir einmal regelrecht aus der Patsche geholfen hat: Ich musste für meine Eltern in der Dorfmolkerei vier Liter Milch holen und habe sie anschliessend versehentlich verschüttet. Da kam ich auf die glorreiche Idee, Wisel um Hilfe zu bitten. Das war meine Rettung. Ohne lange zu überlegen, füllte er meinen Milchkessel wieder mit Kuhmilch auf und ich umging somit dem Ärger zu Hause. Danke Wisel!

In alten Zeiten schwelgen Der Tristel war schon immer Anziehungspunkt für die Dorfkinder. Dies war auch bei der Jubiläumsfeier vom letzten Samstag nicht anders! Es war ein unglaubliches Glück, dass gleich alle damaligen «Knechte und Mägde» auf dem Foto von 1974 bei der Jubiläumsfeier anwesend waren. Schliesslich hatten wir uns unglaubliche 45 Jahre lang nicht mehr gesehen! Wir beschlossen daraufhin, das Foto von 1974 nachzustellen. Eine Riesenüberraschung war, dass die Portmanns immer noch unseren alten Tisch besitzen! Gesagt – getan: Unser nostalgischer Tisch wurde flugs vom Heuboden heruntergeholt und wir setzten uns in der gleichen Reihenfolge für ein Foto hin – genau wie vor 45 Jahren – nur, dass der Tisch inzwischen für uns zu klein geworden ist … Für kurze Zeit schwelgten wir in alten Zeiten und liessen dabei unsere «Lausbubenstreiche » wieder neu aufleben.

Für das weitere Leben viel mitgegeben Den drei Portmann-Generationen möchten wir hiermit von ganzem Herzen Danke sagen. Ihr und euer Hof hat unsere Kindheit bereichert und uns für unser weiteres Leben viel mitgegeben. Wir alle schätzen den grossen Aufwand sehr, den ihr für die Feier vom 1. August 2020 auf euch genommen habt! Es hat bestimmt nicht nur uns ehemalige Dorfkinder sehr viel bedeutet, dass wir uns alle nach so vielen Jahren auf euerm Vorzeigehof im Tristel wiedersehen durften. Das war ein Tag, der bei allen Anwesenden niemals in Vergessenheit geraten wird. Unser Fazit: Ein rundum schöner Nationalfeiertag im Tristel!

Die Autorin Heidy Grob, Röbi, Herbert, Helen, Edgar, Marcel und Lotti 1974 am Znüni-Tisch (von links).

Der schöne, gepflegte Bauernhof Tristel.

Die Dorfkinder am 1. August 2020, am selben Tisch wie damals, bloss 46 Jahre später.

Damals hatten die Kinder viel Spass. Fotos: Heidi Grob

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