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Im Altersheim fehlte Geld

STEFAN GRÜTER

Seit 26 Jahren lebt die heute 47-jährige Hilfspflegerin Y.* in der Schweiz. Von 2002 bis 2017 arbeitete sie in einem Altersheim in der March, zuerst als Putzfrau, dann nach diversen Weiterbildungskursen als Hilfspflegerin. Im Mai 2017 wurde im Zimmer einer Betagten eine 50er-Note mit Silbernitrat und einer fluoreszierenden Substanz präpariert. Die 50er-Note verschwand prompt – und genau diese Substanzen fand man dann bei Y. an den Händen und an der Schürze. Die Polizei schritt ein, Y. kam einen Tag lang in Untersuchungshaft. Im Märchler Altersheim wurde sie fristlos entlassen. Bei vier Betagten fehlte Geld

In der letzten Woche nun stand Y. vor dem Bezirksgericht March. Sie wurde des mehrfachen Diebstahls bezichtigt. Bei vier Bewohnerinnen des Märchler Altersheims fehlten in der Zeit von Januar 2014 bis Mai 2017 Geldbeträge zwischen 110 und 1590 Franken. Die Beweislage vom Mai 2017 liess vermuten, dass Y. dahintersteckt, indem sie jeweils in den Kleiderschränken und Nachttischchen der Betagten aus deren Portemonnaies Geldscheine entwendet haben dürfte.

Keine Handschuhe

Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 40 Franken, wobei ein Tagessatz bereits geleistet wurde. Hinzu kommt eine Busse von 1200 Franken; bei Nichtbezahlen würde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen fällig. Die Verfahrenskosten von 10’369.70 Franken will die Staatsanwaltschaft ebenfalls Y. überbinden. Auf einen Landesverweis für die aus dem Balkan stammende Mutter von vier mittlerweile erwachsenen Kindern soll aber verzichtet werden.

Offenbar plagen Y. seit längerer Zeit Geldsorgen; es sind Verlustscheine und diverse Betreibungen vorhanden. Mittlerweile arbeitet sie in einem Pflegeheim im Zürcher Oberland, ist mit ihrem Mann auch in den Kanton Zürich gezogen. Dort verdient sie monatlich 3900 Franken brutto, ihr Mann bezieht zwei Renten zu je 1000 Franken. Sie komme mit dem, was sie habe, zurecht, liess sie via Übersetzer mitteilen. Und: Sie habe kein Geld gestohlen.

Wie die Silbernitrat-Spuren auf ihre Hände und ihre Schürze gekommen seien, wisse sie nicht: «Wir räumen ohne Handschuhe auf», so die Angeklagte dann in gebrochenem Deutsch. Die ganze Angelegenheit sei ihr unangenehm, die Vorwürfe könne sie nicht akzeptieren. «Und wenn man etwas nicht getan hat, kann man nicht dafür bestraft werden», plädierte sie für nichtschuldig und einen entsprechenden Freispruch.

Das Urteil wird den Parteien schriftlich zugestellt.

* Initial von der Redaktion geändert

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