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«Hochrisikoaufenthaltsort des Menschen ist die Petrischale, gefolgt vom Tiefkühlbehälter»

«Hochrisikoaufenthaltsort des Menschen ist die Petrischale, gefolgt vom Tiefkühlbehälter» «Hochrisikoaufenthaltsort des Menschen ist die Petrischale, gefolgt vom Tiefkühlbehälter»

In Unteriberg feierten die Gläubigen die von Pfarrer Roland Graf und Vikar Christian Gerl zelebrierte heilige Messe für das Volk und Vaterland sowie in geselliger Runde beim anschliessend von der Kirchgemeinde offerierten Apéro bei traumhaftem Hochsommerwetter.

KONRAD SCHULER

Am 1. August übernahm Vikar Christian Gerl aus Bayern die Teilzeitstelle in der Pfarrei St. Josef in Unteriberg und feierte seinen offiziellen Einstand mit der gemeinsamen Konzelebration zusammen mit Pfarrer Roland Graf in der heiligen Messe für Volk und Vaterland. Stefano Bertoni sorgte mit Orgelklängen für die Musik. Pfarrer Roland Graf benutzte die Predigt, um auf verschiedene Bereiche des Lebensschutzes mit klaren Worten hinzuweisen.

Verweis auf Präambel

«Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das des anderen». Diese Anweisung aus der Lesung hat der Apostel Paulus der Gemeinde in Philippi geschrieben. Egoismus habe es schon damals gegeben, so Pfarrer Roland Graf in der Predigt.

Danach verwies er auf die Präambel der Bundesverfassung, die seit der ersten Fassung von 1848 «Im Namen Gottes des Allmächtigen» beginnt. Die Präambel sei bei der Totalrevision 1999 ausgeweitet worden. Da werde der Wille des Schweizervolkes und der Kantone bekundet, «in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben». Am Schluss halte die Präambel fest, «dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen».

1999 seien also diese Worte, die man durchaus als Entfaltung der erwähnten Anweisung des Apostels Paulus betrachten könnte, in unsere Verfassung gelangt.

«Zweifellos Menschenleben gerettet» «Das Wohl des anderen war zweifellos das Ziel der Schutzmassnahmen, die ab Mitte März bis kurz vor Pfingsten besonders einschneidend waren», so Pfarrer Roland Graf. Laut Bundesrat seien diese Massnahmen nötig gewesen, um die besonders gefährdeten Menschen zu schützen. «Zweifellos sind dadurch Menschenleben gerettet worden », anerkannte Graf. «Von Besuchen in Alters- und Pflegeheimen ferngehalten» Es müsse aber auch daran erinnert werden, dass unsere Regierung, namentlich unser Gesundheitsminister, andere Bereiche des Lebensschutzes überhaupt nicht mehr im Fokus habe. «Während mehreren Wochen wurden, das Ärzte- und Pflegepersonal ausgenommen, alle potenziell tödlichen Coronavirus- Träger von Besuchen in Alters- und Pflegeheimen ferngehalten. Zugleich gewähren zahlreiche Institutionen den sogenannten Freitodbegleitern Zutritt, wenn sie mit der tödlichen Dosis für den assistierten Suizid anrücken», kritisierte Graf. Alleine im Jahr 2018 hätten die Sterbehilfeorganisationen in der Schweiz 1475 assistierte Suizide gezählt.

Präsenz von Angehörigen wichtig

«Das Wohl der physisch oder psychisch Kranken sollte uns am Herzen liegen. Für mich besteht kein Zweifel, dass die Präsenz der Angehörigen und Bekannten eine grosse Hilfe ist vor allem für das psychische Befinden der Kranken», so Graf.

Krankensalbung und Kommunion zulassen Dass die Hilfe am Kranken darin bestehe, sich selbst zu beseitigen, stehe zweifellos nicht im Einklang mit dem Evangelium. «Die Besuche während des Coronalockdowns allerdings wurden zeitweise so stark eingeschränkt, dass wir Seelsorger nicht einmal im Fall einer psychisch schwer leidenden Person im Spital in Einsiedeln zugelassen wurden, selbst nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten wurde das kategorisch ausgeschlossen», hielt er fest und forderte: «Die Krankensalbung und die Spendung der heiligen Kommunion sollten doch in einem solchen Fall bei Einhaltung der Schutzmassnahmen möglich sein. Diese seelsorgliche Notwendigkeit, im wahrsten Sinne des Wortes, muss immer in jeder Lage zugelassen sein.»

Abtreibung medizinisch notwendig?

Bezüglich der Praxis bei Abtreibungen wies Graf auf einen weiteren wunden Punkt hin. «Zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft gehören zweifellos die Kinder im Mutterleib. Mit Blick auf die Statistik ist der Mutterleib ein äusserst gefährlicher Aufenthaltsort des Menschen», so Graf. 2018 habe es 10’408 Schwangerschaftsabbrüche in der Schweiz gegeben. Das habe jedes zehnte Kind betroffen, 528 davon seien nach der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgt.

«Prävention? Staatliche Hilfe für schwangere Mütter in Not? Haben Sie schon einmal einen Werbespot des Bundesamtes für Gesundheit gegen Abtreibungen gesehen? Fehlanzeige! Abtreibungen wurden in der Zeit, als nicht notwendige Eingriffe in Spitälern verboten waren, sogar zu den medizinisch notwendigen Eingriffen gezählt », so der Unteriberger Pfarrer.

«Hochrisikoaufenthalt Petrischale» Wenn von den Schwächsten in unserer Gesellschaft die Rede sei, müsse auch auf die neueste Statistik aus dem Jahre 2018 über die assistierte Fortpflanzung geschaut werden. Gegenüber 2016 habe sich die Zahl der entwickelten Embryonen auf 33’945 fast verdoppelt und jene der vernichteten Embryonen auf 12’884 vervierfacht. Die Zahl der tiefgefrorenen Embryonen sei auf 10’776 oder auf das 26-Fache explodiert.

«Der absolute Hochrisikoaufenthaltsort des Menschen in der Schweiz ist somit die Petrischale, gefolgt vom Tiefkühlbehälter », folgerte Graf.

Nur sei das vielen Bürgerinnen und Bürgern gar nicht bewusst, weil es keine Medienmitteilungen gebe, wenn solche Statistiken herauskämen. Sie würden, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, auf der Webseite des Bundesamtes für Statistik hochgeladen.

«Umgekehrt werden wir tagtäglich darauf aufmerksam gemacht, wie viele Covid-19-Ansteckungen es in der Schweiz gegeben hat. Daran zeigt sich, wie einseitig der Schutz des Lebens in der Schweiz geworden ist», zog Graf ein deutliches Fazit.

Geselliges Beisammensein Beim von der Kirchgemeinde offerierten Apéro vor der Pfarrkirche wurde in geselligem Rahmen gemeinsam angestossen und gefeiert. Pfarrer Roland Graf und Vikar Christian Gerl mischten sich unter die Gläubigen und feierten in ungezwungener und offener Art mit. Selbstverständlich waren auch die klaren Predigtworte da und dort Thema. Unverkennbar kam in vielen Diskussionen zum Ausdruck, dass gewisse Verhältnismässigkeiten im Umgang mit dem Schutz des Lebens nicht mehr im Einklang stehen und hinterfragt werden müssen. Viele äusserten sich dahingehend, dass ein so starkes Abschotten von kranken und betagten Menschen kein zweites Mal erfolgen dürfe. Masshalten und Zurechtrücken sei in verschiedenen Lebensbereichen angezeigt, so die mehrheitliche Meinung der Gläubigen an der 1.-August-Feier in Unteriberg.

Die Gläubigen genossen den von der Kirchgemeinde offerierten Apéro und lernten bei Gesprächen den neuen Vikar Christian Gerl aus Bayern (Mitte stehend mit Brille) kennen. Foto: Konrad Schuler

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