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von Flugzeugentführern

von Flugzeugentführern von Flugzeugentführern

ten, nach aussen Ruhe und Geduld ausgestrahlt und ihnen Mut zugesprochen.

Festgehaltene Terroristen befreien Am Morgen seien dann Vertreter des Roten Kreuzes, welche als Verhandlungspartner akzeptiert wurden, ins Flugzeug gekommen und hätten ihnen erzählt, was passiert sei. Vor allem teilten sie ihnen aber den Grund der Swissair-Flugzeugentführung mit. Mit dieser Aktion wollten die Mitglieder der palästinensischen Befreiungsfront drei in der Schweiz festgehaltene Terroristen befreien, welche am 18. Februar 1969 auf dem Flugplatz Kloten ein israelisches Verkehrsflugzeug angegriffen hatten. Sie wurden anschliessend in einem ordentlichen Gerichtsverfahren zu langen Gefängnisstrafen verurteilt und in Regensdorf inhaftiert, und weder eine Regierung noch ein Gericht konnten und können nach schweizerischem Gesetz ein solches Urteil aufheben.

Ihr Ziel erreichten die Hijacker schliesslich auch, wenngleich später die Verhandlungsstrategie des damaligen Bundesrates von verschiedensten Seiten stark infrage gestellt worden war und beispielsweise die Täter nie weiter verfolgt wurden. Frauen und Kinder im Hotel, die Männer im Flugzeug Für die Entführten der Swissair- Maschine «Nidwalden» war aber in diesem Moment einzig die eigene ungewisse Lage von Bedeutung, stand doch das Leben von über 150 Menschen auf dem Spiel. «Auf Vermitteln des SRK hin wurde auch Verpflegung an Bord gebracht, sogenanntes Matzenbrot mit grässlich schmeckendem Käse, den ich eigentlich nicht essen wollte», schnödet die Einsiedlerin noch heute. Auf Geheiss der Mutter hätte sie ihn dann jedoch heruntergewürgt, da ihr klar gemacht wurde, dass es vielleicht längere Zeit nichts mehr zu essen geben würde.

Am Mittag wurde ihnen dann mitgeteilt, dass die Frauen und Kinder nach Amman gebracht würden, während die Besatzung und die Männer an Bord zurückbleiben mussten. Auch an diesen Konvoi aus Jeeps, Bussen, Personenwagen und Panzer und an einige spezielle Details auf diesem Weg erinnert sich die Entführte noch genau. Besonders im Gedächtnis sind ihr, die zusammen mit ihrer Familie zu viert auf dem Hintersitz eines Autos sass, die Bilder von armseligen metallenen Ziegenhütten, vor denen Knaben mit Waffen in der Hand sassen, haften geblieben – ein trauriger Anblick. Als unglaublicher Kontrast kam ihr in diesem Moment die Haltung des palästinensischen Beifahrers in ihrem Auto vor, der es als wichtig erachtete, während der ganzen Fahrt unablässig den Staub von den Schulterpartien seiner noblen Kleidung abzuwischen. Auch diese Szene hat sie nie vergessen.

Für viele eine belastende Zeit

«Do möged mer’s scho no chli verliide», meinte Ruths Mutter mit der ihr eigenen trockenen Art, als sie vor ihrer Unterkunft der nächsten Tage, dem Hotel Intercontinental in der Hauptstadt Jordaniens, ankamen. Dies war allerdings weit gefehlt, mussten sie doch die Nächte im Luftschutzkeller verbringen, da in Amman Unruhen wegen eines bürgerkriegsähnlichen Zustandes herrschten, und sie durften nie nach draussen gehen.

Bewacht wurden sie von Studenten, die sehr gut englisch sprachen und mit denen sie intensiv diskutierten. Diese zeigten ihnen auch die Geschichte ihres Volkes und den Zwist mit Israel und ihre Sichtweise auf, weshalb sie für ihr Land und ihre Ideale kämpften. So habe sie auch ein gewisses Verständnis für das um seine Heimat Palästina kämpfende Volk bekommen, wenngleich sie das kriminelle Vorgehen heute noch nicht gutheissen könne, erzählt Ruth von den Tagen in Amman.

Gegen Ende der Woche habe sich dann die Lage für viele der anwesenden Frauen zugespitzt, wurde doch gedroht, die entführten Flugzeuge, zu denen am Mittwoch noch eine britische Maschine hinzugekommen war, in die Luft zu sprengen. Man habe auch plötzlich von ferne einen Knall um den anderen vernommen und Rauchwolken aufsteigen sehen, und die Angst war riesig, da niemand wusste, ob die Männer und die Crews noch in den Flugzeugen waren. Gross war dann die Erleichterung, als fast alle der männlichen Passagiere und sogar ihr Gepäck auch nach Amman gebracht wurden und die erlösende Mitteilung folgte, dass sie am nächsten Tag in die Schweiz zurückgeflogen würden.

Auch für ihren Vater, der ja wegen seiner Arbeit in Zürich zurückgeblieben war und auf dem Heimweg vom Flughafen Kloten in seinem Autoradio von der Entführung der Maschine erfahren hatte, war diese Nachricht eine unglaubliche Erlösung. Für ihn war diese Woche voller Sorge um seine vier Liebsten eine unvorstellbar belastende Zeit gewesen.

Über Zypern in die Schweiz Nach einem Flug mit einem zweimotorigen Militärflugzeug («en alte Chlepperi», wie ihn Ruth Schmid-Egli bezeichnete und der sie in Angst versetzte) nach Zypern, ging es anschliessend mit einer Swissair-Maschine zurück nach Kloten. «Wir durften erste Klasse fliegen und es gab Champagner. Do hät’s üs gwohled!», schliesst sie dieses unfreiwillige Abenteuer vor 50 Jahren und ihren detaillierten Rückblick aus der Erinnerung ab.

Ganz unterschiedliche Wahrnehmung «Notabene hat es damals auch noch keine Care Teams gegeben, die sich im Nachhinein um die Betroffenen eines solchen Geschehens kümmerten, und jeder verarbeitete das Erlebte auf seine Art», ergänzt die begeisterte Sängerin und Hobbygärtnerin am Schluss ihre Ausführungen.

Die damalige Hostess Beta Steinegger sowie der Passagier Walter Jost schrieben beispielsweise je ein Buch über diese Flugzeugentführung, und aus deren Sicht waren teilweise ganz andere Momente und Begebenheiten wichtig oder im Gedächtnis geblieben. Das hing wohl auch davon ab, in welcher Funktion und wie lange man in diesem Flugzeug war, wie unmittelbar man in Kontakt mit den Entführern stand und wie man diese Situationen jeweils wahrgenommen hat.

So sagte zum Beispiel der ehemalige Zürcher Kantonsrat, der in Wädenswil wohnhafte Norbert Kuster und ebenfalls Passagier im Schweizer Flugzeug, in einem Interview, dass er Todesangst ausgestanden hätte. Nicht verwunderlich, war er doch wie Walter Jost eine der total 54 Geiseln der drei Flieger, die nicht mit den anderen freigelassen wurden und die drei Wochen in misslichen Verhältnissen ausharren mussten und nie wussten, ob sie überleben würden.

Treffen in Einsiedeln Die Schweizer, welche diese Flugzeugentführung miterlebt hatten, trafen sich denn auch alle paar Jahre wieder, um dieses Geschehens zu gedenken und sich auszutauschen. Vor zehn Jahren war auch Ruth Schmid-Egli zum ersten Mal bei einem solchen Treffen dabei, da ihre Familie zuvor ja eigentlich als nach Amerika Ausgewanderte wahrgenommen und deshalb gar nicht eingeladen worden war.

Zum Gedenken an dieses aussergewöhnliche Erlebnis vom 6. September 1970 hat sie nun alle noch lebenden Schweizer dieser Entführung auf den Tag genau 50 Jahre später, ebenfalls an einem Sonntag, nach Einsiedeln ins Hotel Drei Könige eingeladen, um sich gemeinsam an diese Zeit zu erinnern, Geschichten zu erzählen und auch die Dankbarkeit für den glimpflichen Ausgang dieses dramatischen Abenteuers miteinander zu spüren. «Das Leben ist viel zu wertvoll, um schlechter Laune zu sein», rundet Ruth Schmid-Egli dieses Gespräch heiter und ihrer Persönlichkeit entsprechend ab

Verbotenerweise hat die damals 17-Jährige mutig aus dem Hotel Intercontinental in Amman fotografiert.

Die Geiseln wurden von den Palästinensern nach Amman ins Hotel Intercontinental gebracht. Von links: Mutter Anny Egli, Ruth Egli und Schwester Heidi Egli.

Foto aus Buch «Leila’s Hijack war»

Ruth Egli auf einer Foto als damals 18-jährige Studentin.

Ruth, Anny und Veronika Egli wurden bei ihrer Rückkehr in New Jersey (USA) wie Heldinnen willkommen geheissen.

Fotos: Sammlung Ruth Schmid-Egli

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