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Eine halbe Million im Kühlschrank: ein Fall fürs Bundesgericht

Das Kantonsgericht hat Mails, die in einem Ausserschwyzer Streit geschrieben worden sind, nicht als Nötigung taxiert.

RUGGERO VERCELLONE

Eine als streitbar und gerichtsnotorisch bekannte Frau aus Ausserschwyz bleibt ihrem Ruf offenbar treu. Bei einer Auseinandersetzung unter Stockwerkeigentümern erhielt sie mehrere Mails, die sie als Ehrverletzung, Nötigung und falsche Anschuldigung empfand, weshalb sie Strafanzeige erstattete. Doch die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln beurteilte die Mails als nicht strafbar und stellte die Strafanzeige ein. Die Frau zog die Sache weiter ans Kantonsgericht – ohne Erfolg.

«500’000 Franken in deinem Kühlschrank» In den Mails äusserte sich ein Nachbar der Frau sarkastisch über ihr «teures Hobby» aus «Hunger an Rechtsstreitigkeiten », womit sie das hart verdiente Vermögen ihres Vaters fast sinnlos ausgebe. Unter anderem schrieb der Nachbar: «Ich hätte wirklich grosse Mühe mit meinem Gewissen, wenn ich so eine halbe Million in bar aus dem Kühlschrank nähme und diese so investierte.» Und wenige Stunden später schrieb der Nachbar: «Ich hoffe, dass du das Geschenk deines Vaters steuerlich richtig verbucht hast. Wenn nicht, könnte das Konsequenzen haben.» Nach einer Schlichtungsverhandlung folgte ein viertes Mail: «Genug ist nun wirklich genug! Der vermutlich never ending Fall A. kann mit Ausnahme von dir niemand mehr verstehen. Ich nehme an, dass alle Anklagen letztendlich das Bundesgericht oder sogar Strassburg entscheiden muss. Aus Gerechtigkeitsgründen habe ich die Story über das Geschenk von deinem Vater selig (500’000 Franken Bargeld in deinem Kühlschrank) beim Steueramt Schwyz platziert. Es wird nun eine Untersuchung eingeleitet. » Mails in glaubwürdiger Verzweiflung geschrieben Wie schon die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln sieht auch das Schwyzer Kantonsgericht die von der Frau angezeigten Ehrverletzungsund Nötigungsvorwürfe in den Mails als nicht erfüllt. Die Andeutung möglicher Konsequenzen für den Fall, dass ein mutmassliches Geldgeschenk des Vaters steuerlich nicht richtig verbucht sei, sei ein strafloser Hinweis. Der Mailverfasser habe nicht mit einer entsprechenden Anzeige gedroht, geschweige denn eine Anzeige von einem bestimmten Verhalten der Frau abhängig gemacht. Abgesehen davon hätte sich die Frau, falls sie Geldgeschenke ihres Vaters rechtswidrig den Steuerbehörden nicht mitgeteilt hätte, selber der Gefahr von Anzeigen ausgesetzt. Das Kantonsgericht beurteilte die Mails deshalb nicht als nötigend.

Auch andere Ehrverletzungsdelikte seien nicht erfüllt, da unklar sei, was der Beschuldigte den Steuerbehörden genau gemeldet habe. Den Mails sei weder ein Tatsachen- noch ein Werturteil in Bezug auf die Person der Beschwerdeführerin zu entnehmen.

Schliesslich hätten die angeblichen Straftaten keine Folgen gehabt, da die Steuerbehörden die Meldung des Beschuldigten gar nicht dokumentierten und die Frau sich bezüglich der Schlichtungsverhandlung auch nicht beeinflussen liess. Sie bezeichnete die Vorwürfe in den Mails denn auch als «Schuss ins Blaue». Das Kantonsgericht zeigte sogar ein gewisses Verständnis für die Handlungen des Mailverfassers. Dieser habe «angesichts der gerichtsnotorischen Häufung von Klagen und Beschwerden » der Beschwerdeführerin «aus einem nicht unnachvollziehbaren Groll» darüber gehandelt, dass die Frau stets anklage und damit eine offenbar früher gute Nachbarschaft zerstörte. Die Mails seien aus dieser Warte deshalb «auch in glaubwürdiger resignativer Verzweiflung» zu verstehen und nicht böswillig geschrieben worden.

Die Frau will das Urteil des kantonalen Gerichts aber nicht anerkennen. Sie hat den Fall an das Bundesgericht weitergezogen.

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