Mehr als nur Schwarz-Weiss: das Sanierungspaket Stiftung Krankenhaus
VICTOR KÄLIN
Man kann die Geschichte rasch zu Ende bringen: Am 9. August sagen die Einsiedler Nein zum Sanierungspaket. Sie sparen damit zwischen 6,5 und 20,5 Millionen Franken. Ob die Defizitgarantie des Bezirks mit dem Nein an der Urne weiterhin Bestand hat, bleibt mindestens ungewiss, darf aber angezweifelt werden. Ob die Stiftung deswegen Konkurs geht, wäre dann Sache von Banken und Pensionskassen. Und der Spitalbetrieb, um den es letztlich geht? Niemand hat Interesse, die Ameos Gruppe aus dem Spital zu werfen. Denn Ameos bleibt nach einem Nein an der Urne für die Gläubiger die letzte Einnahmequelle. Der Bezirk hat sich aus dem Spiel genommen. Ob er tatächlich auch draussen bleibt, ist hingegen eine andere Frage.
* Solche Gedanken werden häufiger gewälzt, als sie tatsächlich zu hören sind. Die gespenstische Ruhe hat wenig mit der Sommerflaute zu tun. Denn das Spital ist sakrosankt, die Vorlage zu wichtig. Diese Kröte gilt es zu schlucken. Die RPK sagt Ja und alle vier im Bezirksrat vertretenen Parteien ebenso. Einzig die GLP hat Stimmfreigabe beschlossen.
Doch der vorgelegte Sanierungsplan provoziert nun einmal Fragen. Man mag das Paket aus politischer Sicht als ausgewogen verkaufen. Das ist legitim. Wirtschaftlich gesehen stimmt das nicht. Das Risiko lastet einseitig auf den Schultern des Bezirks, sprich der Steuerzahler. Diese hatten all die Jahre nichts zu Spitalstrategie und Investitionen zu sagen; doch am Ende der Geschichte sind sie es, die ins eigene Portemonnaie langen müssen. Das Bild von der Faust im Sack drängt sich auf.
Warum gibts keinen Kapitalschnitt, wie das bei Sanierungen meistens geschieht? Die Geldgeber profitierten jahrelang von Defizitgarantie und Zinserträgen; angesichts dessen wiegt ihr (erst noch in Zeiten des Negativzinses) offerierter Zinsverzicht die Last des Bezirks nicht auf. Als da sind: 6,5 Millionen à fonds perdu, vier Millionen Darlehensübernahme und zehn Millionen Darlehensgarantie. Man wird den Eindruck nicht los, die Geldinstitute seien in diesem Deal besser beraten gewesen. Und so sei die Frage gestattet, ob der Bezirk im Falle eines Konkurses nicht besser fährt – wenigstens finanziell? Entweder vertrauen die Gläubiger auf die Stimmbürger oder sie nehmen einen Konkurs in Kauf.
* Wenn der Bezirksrat dennoch von einer «ausgewogenen Vorlage» spricht, argumentiert er vielschichtig. Im Zentrum seiner Überlegungen stehen die Auflösung der Defizitgarantie sowie die Sicherung des Spitalbetriebs, was der Bezirk untrennbar mit dem Fortbestand der Stiftung verknüpft. Tatsächlich kann die langfristige Spitalsicherung nicht der Ameos Gruppe ins Pflichtenheft geschrieben werden. Die würde sich schön bedanken, auch wenn sie offensichtlich (und zur allgemeinen Beruhigung) nicht daran denkt, so schnell wieder aus Einsiedeln abzuziehen. Die Stiftung ist die einzige Institution, welche den Erhalt des Spitals als Grundversorger zu ihrem Zweck erkoren hat. Weder Bezirk oder die private Betriebsgesellschaft noch die Geldgeber können in letzter Konsequenz dafür verantwortlich gemacht werden.
Auslöser des Sanierungspakets ist die Defizitgarantie. Solange sie besteht, schwebt ein Damoklesschwert über dem Rathaus. Von 1998 bis 2003 kostete diese Garantie den Bezirk 22 Millionen Franken. Es braucht nur wenige Jahre, und auch die Bezirksfinanzen geraten komplett in Schieflage. Dass das Loskaufen dem Bezirk etwas wert ist, ist nachvollziehbar. Da will jemand einen Strich unter eine Rechnung ziehen, die schnell ganz teuer werden kann. Und letztlich attestiert auch der Bezirksrat dem Spital eine überragende Rolle als Grundversorger und Arbeitgeber, was gerade in einer strukturschwachen Region wie Einsiedeln per se schon fast unbezahlbar ist.
* Der Bezirk hat gute Gründe, seine Vorlage anzupreisen. Je nach Optik ist sie zwar weder perfekt noch ausgewogen. Doch es ist eine Lösung. Ein Nein hingegen dürfte nur vordergründig ein finanzieller Coup sein. Denn dafür muss man einiges in Kauf nehmen: das Risiko eines Konkurses (der Stiftung), Vertrauensverlust (bei der Betriebsgesellschaft), Unsicherheiten (zur Weiterführung des Spitals) und Rechtsfragen (für den Bezirk), deren Beantwortung je nachdem ebenfalls teuer werden kann.
Kurzum: Es ist ein Spiel mit dem Feuer. Und dabei kann man sich die Finger bekanntlich ganz gehörig verbrennen.
Foto Lukas Schumacher