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«Es gibt auch positive Viren: Der Furka-Virus ist einer davon!»

«Es gibt auch positive Viren:  Der Furka-Virus ist einer davon!» «Es gibt auch positive Viren:  Der Furka-Virus ist einer davon!»

Einmal Eisenbahner – immer Eisenbahner! Und so steht Fritz Lengacher aus Rothenthurm auch Jahre nach seiner Pensionierung weiter für die Bahn im Einsatz – für die Dampfbahn der Furka-Bergstrecke.

VICTOR KÄLIN

Was die Freiwilligenarbeit angeht, ist die Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB) die imposanteste Bahn der Schweiz. Viele Helfer aus der Schweiz und dem Ausland haben sie aufwendig instand gesetzt und rund 450 Personen sorgen jährlich mit unendlichem Engagement nicht nur für die Fahrzeuge, sondern für die gesamte Bahninfrastruktur und den Betrieb. «Wenn der Furka-Virus dich packt, lässt er dich nicht mehr los», weiss Fritz Lengacher aus eigener Erfahrung. Von einem Virus zu sprechen, sei in Corona- Zeiten zwar negativ behaftet, «doch der Furka-Virus ist ein überaus positiver Virus – so viele Freiwillige sind mit Leib und Seele dabei.» Seit seiner Pensionierung 2012 steht der vormalige Rothenthurmer Stationsvorstand und Zugbegleiter für die Dampfbahn Furka-Bergstrecke im Einsatz. Entweder im Verkauf, oder als Fahrdienstleiter.

Die Furka-Bergstrecke misst lediglich 17,8 Kilometer. Sie verbindet den Urner Bahnhof Realp (1420 Meter über Meer) mit dem Walliser Pendant in Oberwald (1366 Meter). Der Furka- Scheiteltunnel markiert auf 2163 Metern den topografischen Höhepunkt der Fahrt. Die DFB AG ist die einzige konzessionierte Bahngesellschaft der Schweiz, die nur Sommerbetrieb kennt und deren Infrastruktur für die Wintermonate teilweise abgebaut werden muss.

Im Vorjahr kam Fritz Lengacher auf 25 Arbeitstage. In diesem Jahr sind es bisher zehn. Die Saison startete mit dreiwöchiger Verspätung erst am 3. Juli; der 70-jährige Rothenthurmer gibt sich offen, was bis zur Schlussfahrt vom 27. September an weiteren Arbeitstagen sich noch anhäuft. Vorzugsweise steht er auf der Walliser Seite im Einsatz. Mit gutem Grund, besitzt er doch oberhalb von Brig eine Zweitwohnung, in welcher er mit seiner Frau ohnehin viele Ferientage verbringt.

483 Züge waren letztes Jahr 2019 auf der Bergstrecke zwischen Realp und Oberwald unterwegs, 18 mehr als im Jahr 2018. Dabei wurden 6549 Personenzugskilometer absolviert, 400 Kilometer mehr als im Vorjahr. Befördert wurden 29’339 Passagiere, 600 Passagiere mehr als während des Sommers 2018.

Die Saison an der Furka dauert zwar noch lange. Das Publikumsaufkommen ist jedoch spürbar kleiner als in den Vorjahren. Viele Gruppen haben ihre Reservationen zurückgezogen und etliche Extrazüge werden nicht mehr benötigt. Corona-bedingt fehlen vor allem die ausländischen Gäste. «Es gibt zwar mehr Schweizer Passagiere», stellt Lengacher fest, «doch vermögen sie die Differenz nicht zu kompensieren.» Da teilt die Dampfbahn das Schicksal der meisten touristischen Angebote und Destinationen dieses Landes.

Die Dampfbahn Furka-Bergstrecke AG ist Trägerin der Konzession des Bundes und damit verantwortlich für Strategie, Bau, Marketing und Betrieb der Bahn. Sie verfügt über sämtliche Anlagen, Transportmittel und Einrichtungen. Sie betreibt mit ihrem dafür ausgebildeten freiwillig tätigen Personal die Strecke von Realp über Gletsch nach Oberwald. Ebenso wichtig ist der Verein Furka-Bergstrecke (VFB). Mit seiner breiten Abstützung im Inund Ausland bildet er sozusagen das Rückgrat der Aktivitäten an der Furka. Die rund 8000 (!) Mitglieder engagieren sich mit Mitgliederbeiträgen, Spenden und ihrer Arbeitskraft. Jährlich leisten unzählige Freiwillige Tausende von Stunden im Frondienst. Aus den Mitgliederbeiträgen geht jährlich ein grösserer Betrag an die DFB AG zur Deckung der Betriebskosten der Bahn. Die AG erhält keine Subventionen; dafür sind Generalabonnement und Halbtax-Abo auch nicht gültig – was die (zugegebenermassen einmalig spektakuläre) Fahrt über die Furka nicht eben günstiger macht. «Die Wertschätzung der Passagiere uns Freiwilligen gegenüber ist äusserst hoch», freut sich Fritz Lengacher. «Unsere Arbeit wird wirklich geschätzt.» Die Freiwilligen selbst sorgen ebenfalls für eine gute Atmosphäre: «Die Arbeit»,soLengacher,«macht einfach grosse Freude.» Und immer wieder lerne er neue Freiwillige kennen, die ihrerseits viel über ihre berufliche Bahn-Tätigkeit zu erzählen wüssten. So wie Fritz Lengacher, der ab seiner Lehre auf 44 Jahre bei der Bahn zurückblicken kann. «Ich gehöre noch jener Generation an, für die gilt: Eisenbahner bleibt Eisenbahner. Das zählte und zählt zeit meines Lebens. » Auch die Dampfbahn auf der Furka- Bergstrecke muss sich in allen Bereichen (Fahrbetrieb, Gastronomie, Shop, Bahnanlagen) an das Covid-Schutzkonzept halten. Da in den historischen Waggons die geforderten Abstände nicht garantiert werden können, gilt Maskenpflicht für alle – für Passagiere und Zugführer. Als Fahrdienstleiter ist Fritz Lengacher von dieser Pflicht befreit, da es lediglich zu ganz kurzen Kundenkontakten kommt.

«Unsere Passagiere haben sich schnell an die Maskenpflicht gewöhnt», freut sich Fritz Lengacher. «Wir haben damit keine disziplinarischen Probleme. Und die Freude lassen sich die Gäste dadurch nicht nehmen: Eine Dampfbahnfahrt über die Furka ist und bleibt etwas Spezielles.» Und wann fuhr er letztmals mit der DFB? Mindestens einmal pro Jahr müsse eine Fahrt schon sein, sagt Lengacher. Ein nächster Termin ist für 11. September reserviert. An diesem Tag hat er für die Pensionierten der Südostbahn eine Fahrt über die Furka ausgeschrieben. Eisenbahner bleibt Eisenbahner …

Freiwillige sind bei der Dampfbahn Furka jederzeit willkommen. Informationen dazu unter dfb.ch

Gästebetreuer (ganz links), Fahrdienstleiter Fritz Lengacher (Mitte) sowie Zugführer Thomas Schubiger (rechts).

Der Vormittagszug fährt, von Realp herkommend, in Oberwald ein. Dieser Zug wird auch Stammzug 1 genannt.

Fotos: zvg

Der Nachmittagszug fährt aus Oberwald ab. Die Waggons werden von der DFB 704 gezogen, einer der legendären «Vietnam-Loks». Rechts steht die Komposition eines Dieselzuges.

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