Vielfältige Masken
BRIEF AUS DEN USA
In Colorado baumeln immer mehr Masken neben den Lufterfrischungs-b äumchen am Autorückspiegel. Mittlerweile geht fast niemand mehr ohne Schlüsselbund, Portemonnaie, Desinfektionsmittel und Maske aus dem Haus.
Seit dem phasenweise Ende des Corona-Lockdowns wird empfohlen, in der Öffentlichkeit eine Maske zu tragen und zwei Meter Abstand zu den Mitmenschen aus anderen Haushalten einzuhalten. Um jegliche Missverständnisse zu verhindern, wird nun oft das Wort Gesichtsabdeckung benutzt.
In den meisten Gemeinden in Colorado besteht keine allgemeine Maskenpflicht. Dennoch hat der Gouverneur Mitte Mai an einer Pressekonferenz allen Einwohnern von Colorado ans Herz gelegt, eine Maske zu tragen. Wir wurden gleichzeitig angewiesen, das Maskenlager des Pflegepersonals nicht noch mehr zu belasten, sondern unsere Modelle für den Alltag selbst herzustellen. Im Anschluss an die Pressekonferenz wurden Anleitungsvideos ausgestrahlt. Inoffiziell war dies der Startschuss eines Maskenschwarzhandels. Manch eine Hausfrau entstaubte die Nähmaschine. Über Nacht erschienen Verkaufsstände am Strassenrand, welche nicht nur selbstfabrizierte Modelle, sondern auch das in den Läden schon längst nicht mehr auffindbare Desinfektionsmittel anboten. Eine Nachbarin schneiderte wacker tagelang Masken und verdiente 5 Dollar pro Stück. Diese wurden von einer Bekannten einer Cousine vor einem geschlossenen Mexikanischen Restaurant auf einem wackligen Klapptisch für 7 Dollar verkauft.
Die sozialen Medien wurden immer wieder mit Hilferufen überschwemmt. «Ich brauche für das Sommerprogramm meiner dreijährigen Tochter fünf waschbare Masken, idealerweise mit einer Öffnung für einen auswechselbaren Filter.» «Hilfe, wer hat noch das empfohlene Futtermaterial und könnte mir ein Stückchen abgeben? Ich würde mit zwei Rollen Toilettenpapier tauschen. » Von der Gasmaske über den Harley-Davidson-Gesichtsschutz bis zu einem an der Brille geklammerten Waschlapppen ist alles zu sehen. Mexikanische Grossmütter häkeln Masken für die ganze Sippe. Das bisher lustigste Modell ist ein Schnapsflaschen- Beutel aus violettem Samt, welcher kurzerhand vor den Mund und die Nase gebunden wurde.
Manche Geschäfte verweigern den Zutritt ohne Maske. Und mancherorts wird den Kunden eine Maske in die Hand, respektive ins Gesicht gedrückt. Der Schulbezirk teilte uns mit, dass Ende August, wenn der reguläre Unterricht wieder beginnt, alle Masken tragen sollen, sofern dies praktisch sei. Die Schüler können nun während der dreizehnwöchigen Sommerpause an einem Maskendesignwettbewerb teilnehmen. Regula Grenier * Die Einsiedlerin Regula Grenier- Flückiger (*1973) zügelte 2007 nach Denver im amerikanischen Bundesstaat Colorado, am Fusse der Rocky Mountains. Seit 2011 wohnt sie im Nachbarort Thornton. Dort kamen 2011 Sohn Cody Frederick und 2015 Tochter Stephanie Nova zur Welt.