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«Ohne Sport fehlt den Leuten einfach etwas»

«Ohne Sport fehlt den  Leuten einfach etwas» «Ohne Sport fehlt den  Leuten einfach etwas»

Das Coronavirus macht den Schwingern diese Saison einen kompletten Strich durch die Rechnung. Wie gehts da dem Einsiedler Schwingerfreak Werner Schönbächler, der fast über jeden Hosenlupf in der Region berichtet?

WOLFGANG HOLZ

Herr Schönbächler, gibt es einen Griff oder einen Wurf im Schwingen, mit dem man das Coronavirus ein für alle Mal ausser Gefecht setzen könnte? Nein, so etwas gibt es leider Gottes nicht. Das wäre schön, und dann wären alle zufrieden. Wie viele Schwingfeste sind Ihnen aufgrund des Coronavirus in dieser Saison schon durch Absagen durch die Lappen gegangen?

25 bis 30 Schwingfeste.

Das sind ja ziemlich viele. Sie müssen Schwingfeste richtig vermissen … Ich beschäftige mich jetzt schon 44 Jahre lang mit dem Schwingen. Am Anfang der Coronakrise hatte ich noch das Gefühl, das ist nicht so schlimm, wenn die Schwingfeste wegen Corona abgesagt werden. Aber als dann alle Sportveranstaltungen ausgefallen sind, merkte ich: Es fehlt etwas. Ich informiere mich ja regelmässig über alle möglichen Sportereignisse per Teletext und per Internet – egal ob das Schwingen, Fussball, Ringen oder Eishockey ist. Ich habe dann irgendwann angefangen, alte Schriften übers Schwingen zu studieren: Jubiläumsschriften etwa. Ausserdem bin ich die Ergebnisse sämtlicher Eidgenössischer Schwingfeste durchgegangen. Das war sehr interessant. Was bedeutet es für Sie, einem Schwingfest beizuwohnen? Ich sitze dann ja meistens auf der Pressetribüne und konzentriere mich aufs Schwingen. Ich analysiere die Schwünge. Gehe die Zwischenrangliste durch. Ich mag die gemütliche Atmosphäre an Schwingfesten und habe es noch nie erlebt, dass sich ungebührliche Vorkommnisse zugetragen haben. Das Schöne an Schwingfesten ist, dass man dort die verschiedensten Leute trifft, und der Bergbauer etwa neben dem Direktor zu sitzen kommt. Und alle sind per Du. Was ist das Schönste für Sie, beim Schwingen zuzuschauen? Ich sehe gerne dem Kampf Mann gegen Mann zu. Ich kenne die taktischen und technischen Finessen und mache mir dabei Gedanken, wie der ganze Wettbewerb später ausgehen könnte. Ich liege mit meinen Voraussagen noch viel richtig.

Warum ist denn aus Ihrer Sicht das Schwingen in den letzten Jahren so populär geworden? Viele Leute schätzen einfach ein ruhiges Fest und die schöne Atmosphäre an Schwingfesten. 1989 in Stans, als es 40’000 Besucher beim Eigenössischen hatte, wurde im Fernsehen der Schlussgang nicht live übertragen. Inzwischen geht es aufgrund der medialen Aufmerksamkeit auch um viel Geld beim Schwingen. Wobei mir der Medienhype eigentlich nicht so gefällt, weil immer mehr Leute dabei sind, die nicht viel vom Schwingen verstehen. Inzwischen sind übrigens auch viele Frauen als Besucherinnen an Schwingfesten anzutreffen – dies nicht nur wegen der gut gebauten Schwinger, sondern weil sich heutzutage tatsächlich viele Frauen gut beim Schwingen auskennen.

Schwingen, Eishockey, Fussball, Skifahren, Tennis: Hand aufs Herz, welche Sportart bewegt Schweizer Herzen wohl am meisten Ihrer Meinung nach? Ganz klar der Fussball. Die Schweizer spielen nicht so schlecht und haben ein hervorragendes Ausbildungskonzept. Viele Schweizer mischen in der deutschen Bundesliga mit. Und der Titelkampf zwischen Basel, YB und St. Gallen in dieser Saison verläuft wirklich ausserordentlich spannend.

Und was halten Sie von Geisterspielen in Zeiten von Corona? Ich finde die Geisterspiele nicht gut und nicht schön. Ich war beispielsweise schon an der Anfield Road in Liverpool, wo diese wunderbare Fan-Atmosphäre herrscht. Wenn man jetzt die Premier League ohne Zuschauer sieht, wirkt das nur langweilig. Corona hat gezeigt – man kann und muss auch ohne Sport leben können. Warum sind Sportereignisse so wichtig für Sie? Sport ist für mich Lebensinhalt und Abwechslung zum Alltag. Zudem ist Sport ein wichtiger Gesprächsstoff – im Büro beispielsweise. Ohne Sport fehlt einfach etwas. Foto: Wolfgang Holz

Werner Schönbächler

Jahrgang: 1956 Wohnort: Einsiedeln Beruf: Lehrer/Pensionär Hobbys: Sport allgemein, Lesen

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