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Wenn, dann …

Wenn, dann … Wenn, dann …

ZWISCHENLUEGETEN 3

ERNST FRIEDLI

Der sonnenbebrillte Partygänger sprach also ins gezückte Mikrofon: «Wenn ich angesteckt werde, dann bin ich angesteckt», als er vor einem entsprechenden Lokal gefragt wurde, ob er nicht Angst hätte, sich bei Partys viral zu infizieren. Dazu zeigt er ein breites, nach Zustimmung rufendes Lachen. Tatsächlich ist seine im Brustton der Überzeugung gemachte Aussage vollkommen richtig. Wenn er angesteckt wird, ist er angesteckt.

Da gibt es auch kritisch-journalistisch nichts daran zu rütteln und Nachfragen erübrigen sich. Der einfache Satz hat sie ja bereits totgeschlagen. Einfache Wenn-Sätze, die mit einfachen Dann-Nebensätzen weiterfahren, sind immer richtig. Sie bestätigen sich gegenseitig, scheinen also doppelt wahr.

Wenn Klärli Tomaten kauft, dann hat sie Tomaten gekauft. Und wenn sie sich dabei ansteckt, hat sie sich dabei angesteckt. Wenn wir also die Zusammenhänge in den Griff bekommen wollen, müssen wir nur solche Sätze sagen. So wird die Zukunft sofort vollkommen durchsichtig, und wir wissen gleichsam jetzt schon, was uns blühen könnte, wenn es uns blühen sollte. Wenn der junge Mann also weiterhin Spass und Lebensfreude braucht, dann darf er auf seine Partys nicht verzichten. Es sei denn, er denke zuerst ein wenig nach, bevor er einfache Sätze macht. Denn: Wenn jemand sich so simpel aus der Verantwortung macht, dann macht er sich so simpel aus der Verantwortung. Und er muss hoffen, dass sich all jene, die sich um ihn kümmern müssen, nicht aus der Verantwortung machen, wenn sein einfacher Satz einmal wahr wird. Ernst Friedli, 64, seit Jahren verheiratet mit Klärli, geborene Schönbächler. Nichtraucher und Sachbearbeiter im Rathaus, steht unter Amtsgeheimnis. Macht sich in der Freizeit Gedanken zur Weltlage und zum Ernst der Spassgesellschaft.

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