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«Es flogen auch mal die Fetzen»

«Es flogen auch mal die Fetzen» «Es flogen auch mal die Fetzen»

Nach zwölf Jahren im Bezirksrat Einsiedeln verabschiedet sich Markus Kälin Ende Juni aus der Politik. Der 50-jährige Sachbearbeiter Hochbau aus Gross steht Red und Antwort über seine Amtszeit: «Ich wollte möglichst schnell ganz Einsiedeln auf eine positive Art verändern.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie fällt Ihr Rückblick auf Ihre Amtszeit aus?

Es war spannend, lehrreich, kameradschaftlich, zum Teil aufwühlend, zum Teil stressig und zum Teil mühsam. Alles in allem eine super schöne Zeit, die ich nie im Leben missen möchte. Welche Ziele hatten Sie sich gestellt, als Sie zum Bezirksrat gewählt wurden? Ich wollte möglichst schnell ganz Einsiedeln auf eine positive Art verändern. Musste dann aber sehr schnell feststellen, dass das kein leichtes Unterfangen sein wird. Ich musste lernen, kleine Brötchen zu backen. Viele tolle Sachen konnten wir die letzten zwölf Jahre gemeinsam erreichen. Und es kommen noch einige tolle Sachen auf den Bezirksrat zu, die ebenfalls erreicht werden. Da bin ich mir ganz sicher. In welchen Bereichen haben Sie in Ihrem Ressort etwas bewegt? Die letzten zwölf Jahre waren in meinem Ressort vor allem geprägt durch die Planung und Realisation der Schulhausbauten. Bis auf den Kindergarten Nordstrasse und das Schulhaus Willerzell konnten alle Bauten realisiert werden, wenn auch einige über Umwege und Zusatzschlaufen. Wo sehen Sie in Ihrem Ressort Handlungsbedarf?

Im Bereich Sport und Freizeit müsste aus meiner Sicht mehr gemacht werden. Die Sportinfrastrukturen sind in die Jahre gekommen und müssten zum Teil dringend saniert und auf den aktuellen Standard angepasst werden. Leider fehlen hierzu, wie in vielen andern Ressorts auch, die finanziellen Mittel. Sollte sich der Bezirk Einsiedeln verstärkt für Projekte einsetzen wie etwa Schneekanonen?

Ich betreibe sehr gerne Wintersport – und zwar ausschliesslich alpines Skifahren. Falls es den privaten Initianten gelingen sollte, den Friherrenberg zu beschneien und touristisch zu erschliessen, würde ich das sehr begrüssen. Ich bin aber auch der Meinung, dass man mit den nötigen Ressourcen sparsam umgehen und nicht um jeden Preis Schnee produzieren sollte. Ich denke allerdings, dass das Projekt auch für den Sommertourismus sehr viel bringen würde. Ich stelle mir vor, dass das Projekt vergleichbar mit dem Hochstuckli sein könnte. In welchen Bereichen müsste sich der Bezirk mehr für Sportund Freizeitanlagen einsetzen? Wie schon erwähnt: Die Sportinfrastrukturen sind in die Jahre gekommen und müssten auf neue Begehrlichkeiten angepasst werden.

Welche Aufgaben sollte der Bezirksrat Einsiedeln in der kommenden Zeit an die Hand nehmen?

Es wäre toll, wenn wir im Gebiet Kobiboden einige tolle, neue, attraktive Arbeitsplätze schaffen könnten. Was wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, ist der Verkehr. Die Zürichstrasse, der Alpkreisel, der Grosse Herrgott und auch der Bahnhofplatz müssten flüssiger befahren werden können, so dass es an den Randzeiten zu weniger Stau kommt. Ist die anfallende Arbeit mit dem aktuellen Pensum der Bezirksräte gut zu bewältigen oder müsste das Pensum vielmehr erhöht werden? Ich denke, jeder Bezirksrat macht sich, bevor er ein solches Amt annimmt, die Rechnung, ob er das Pensum bewältigen kann und auch will. Die Arbeit ist in den letzten zwölf Jahren sicher nicht weniger geworden. Sind Sie zufrieden gewesen mit Ihrem Amt als Bezirksrat?

Ja, sehr. Ich durfte die letzten zwölf Jahre immer mit sehr motivierten Bezirksräten zusammenarbeiten. Es war immer sehr kameradschaftlich, auch wenn zwischendurch einmal die Fetzen flogen. Auch die Zusammenarbeit mit den Verwaltungsangestellten war sehr kameradschaftlich. Ich habe immer motivierte und fröhliche Mitarbeiter getroffen. Dies werde ich sicher ein wenig vermissen. Besteht ein Reformbedarf in der Struktur des Bezirksrats, auf dass das Amt den Mandatsträger zu erfüllen vermag? Ich glaube nicht. Jeder, der ein solches Amt annimmt, muss sich bewusst sein, dass er es nicht allen Mitbürgern recht machen kann. Man muss Verantwortung übernehmen, vorne hinstehen und den Kopf hinhalten, auch wenn es nicht immer so einfache Entscheidungen sind.

Wie deuten Sie das Zeichen, dass sich für Ihren frei werdenden Sitz nach Ihrem Rücktritt exakt ein Kandidat zur Verfügung stellte?

Es wird immer schwieriger, Leute zu finden, die eine Doppelbelastung – Beruf und Milizpolitiker – annehmen. Das Gleiche ist ja auch in den Vereinen zu sehen. Wir leben in einer Welt, die nur noch konsumieren und profitieren will. Vorne hinstehen und Verantwortung übernehmen ist anscheinend heute nicht mehr modern. Was müsste sich in der Politik des Bezirks Einsiedeln ändern, damit zukünftig das Stimmvolk wieder eine echte Auswahl bei Wahlen in den Bezirksrat hat? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in den nächsten Jahren zu Kampfwahlen kommen wird. Wie schon gesagt, jede Partei kann froh sein, genügend geeignete und vor allem motivierte Personen zu finden, die ein solches Amt ausüben möchten.

Wäre die Gründung eines Parlaments im Bezirk Einsiedeln eine vorstellbare Massnahme, um damit eine transparente, kohärente Politik möglich zu machen?

Ich persönlich finde ein System mit der Gemeindeversammlung nach wie vor besser. Ein Parlament hätte sicher auch seine Reize. Aber es soll der Gemeindebürger sein, der über die Geschäfte entscheiden kann – und nicht ein paar wenige gewählte Politiker. Sie sind noch blutjung. Was hat den Ausschlag gegeben für Ihren Rücktritt aus dem Bezirksrat?

Danke für das Kompliment. Ich bin schon sehr jung, mit 39 Jahren, in den Bezirksrat gewählt worden. Die zwölf Jahre waren eine sehr lehrreiche Zeit für mich. Jetzt mache ich Platz für neue Personen, die ihre Ideen in den Rat einbringen. Ganz nach dem Motto «Neue Besen kehren gut».

Wie und in welchen Bereichen werden Sie sich auch nach Ihrer Amtszeit für den öffentlichen Bereich im Bezirk Einsiedeln einsetzen?

Ich war schon vor meiner Tätigkeit als Bezirksrat ein «Vereinsmeier », bin es geblieben und werde es auch weiterhin sein. Ich pflege sehr gerne die Kameradschaft mit meinen Kameraden in meinen Vereinen. Ob ich noch einmal ein politisches Amt annehme, steht zurzeit noch in den Sternen, aber wer weiss. «Sag niemals nie.» Freuen Sie sich auf die zukünftige Zeit ohne Politik in Ihrem Leben?

Ja, sehr.

Welche neuen Herausforderungen in Ihrem Leben nehmen Sie in Angriff? Jetzt werde ich sicher einmal ein halbes Jahr nicht viel machen. Ich werde mich neu orientieren in meiner Freizeitgestaltung. Was ich schon lange gerne machen würde, wäre Musik. Singen und Musizieren ist etwas, was ich sehr gerne machen würde, aber bis jetzt immer zu kurz gekommen ist. Wer weiss, vielleicht mache ich einmal etwas in diese Richtung. Wohin bewegt sich die Welt?

Die Welt dreht sich immer weiter. Es kommt, wie es kommen muss, und das ist gut so. Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Schauen wir nach vorne und machen das Beste daraus. Jeder ist seines Glückes Schmied.

Wohin bewegen Sie sich?

Am 7. Januar habe ich eine neue berufliche Herausforderung angenommen, die mich vollends erfüllt. Ich habe mit der Gemeinde Wollerau einen neuen super tollen Arbeitgeber gefunden.

«Möchte die Zeit nicht missen»: Markus Kälin schaut zurück auf seine Amtszeit als Bezirksrat.

Foto: zvg

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