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«Das Inventar kann keine Glasglocke sein, die Veränderung verbietet»

«Das Inventar kann keine Glasglocke sein, die Veränderung verbietet» «Das Inventar kann keine Glasglocke sein, die Veränderung verbietet»

Der Kanton Schwyz war «Geburtshelfer» fürs Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz.

fan. Für die einen wird zu viel unter Schutz gestellt, für die anderen zu wenig. Dies führt häufig gerade in Fragen des Ortsbildschutzes zu Streitereien. Nicht selten auch im Kanton Schwyz. Ein Artikel in der Zeitschrift «Heimatschutz/Patrimoine» des Schweizer Heimatschutzes lässt aufhorchen: Der Kanton Schwyz spielte bei der Entstehung des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) eine bedeutende Rolle.

J. Peter Aebi, dipl. Architekt ETH und ehemaliger Betreuer und Organisator, erinnert sich: «Im Winter 1973 wurde ich gebeten, mich Schwyz und Einsiedeln anzunehmen. Regierungsrat Karl Bolfing übergab mir grosse Ortspläne von Schwyz und Einsiedeln. Um daran arbeiten zu können und meine im Ort erhaltenen Eindrücke festzuhalten, war ich auf einen Arbeitsplatz angewiesen. Da in der Polizei- und Militärdirektion kein freies Büro zur Verfügung stand, liess Karl Bolfing in seinem Büro einen zusätzlichen Arbeitstisch für mich bereitstellen. Ich arbeitete also neben dem Regierungsrat, und beim ersten ankommenden Telefonanruf wollte ich mich hinausbegeben. Bolfing bedeutete mir, dass ich nicht störe und weiterarbeiten soll. Es war eine wunderbare Zeit und wir wurden gute Freunde», so Aebi.

Schwyzer Herrengasse als Auslöser Seine ersten Versuche zur Erfassung der wesentlichen Elemente, die den Ort beschreiben sollten, seien «wohl recht hilflos» gewesen, stellt Aebi im Nachhinein fest. «Kurz vor Abschluss der Aufnahme von Schwyz stieg ich auf den Kirchturm, um mit einer Fotoserie den Ort auch im Bild festzuhalten. Beim Anblick der Herrengasse erkannte ich, welche Informationen ein Ortsbildinventar enthalten muss. Nicht die einzelnen, kunsthistorisch wichtigen Herrenhäuser im Ortskern und der weiteren Umgebung waren für die Beschreibung eines Ortes von Bedeutung. Relevant sind die Strukturen der Siedlung und deren Umgebung.

Wie die Umsetzung der Idee erfolgen sollte, wusste ich auf dem Kirchturm noch nicht. Aber die Idee war geboren.» Dass die Arbeit über 20 Jahre dauern und rund 50 Millionen Franken kosten würde, konnte sich zu Beginn niemand vorstellen, so J. Peter Aebi weiter: «Was im ISOS dargestellt wird, ist ein Momentzustand. Das Inventar kann keine Glasglocke sein, die Veränderung verbietet. Doch kann anhand des Inventars niemand mehr behaupten, er habe von den Werten seines Ortes und seiner Teile nichts gewusst. Die dynamische Weiterentwicklung jedes Ortes soll auch in Zukunft möglich sein, wobei das ISOS als Massstab für die weitere Entwicklung dienen kann und sollte », heisst es im Artikel in der Zeitschrift «Heimatschutz/Patrimoine ».

Stellte sein Büro für die ersten Arbeiten am Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) zur Verfügung: der ehemalige Schwyzer Regierungsrat Karl Bolfing (1925-2001).

Foto: Archiv

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