«Mit Geld kann man Glück nicht kaufen»
Karl Roos, Präsident ad interim der Schwyzer Kantonalbank, steht Red und Antwort zur Entwicklung der Wirtschaft in Krisenzeiten: «Bereits ist eine Rezession im Gang.» Vorerst bleibe der Inflationsdruck gering. «In eine echte Deflation werden wir aber kaum abgleiten», sagt der 66-jährige Einsiedler.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Wie fällt Ihr Rückblick auf Ihre Amtszeit als Präsident der Schwyzer Kantonalbank ad interim aus?
Positiv. Dank meiner Pensionierung hatte ich genügend Zeit und Flexibilität, um die anstehenden Aufgaben anzugehen. Welche Aufgaben standen im Zentrum Ihres Präsidiums? Die Hauptaufgaben waren die Einberufung des Bankrates, das Erstellen der Traktandenliste und die Leitung der Bankrats- und Strategieausschusssitzungen. Weiter ist eine wichtige Funktion des Vorsitzenden die Vertretung der Schwyzer Kantonalbank (SZKB) gegenüber den politischen Behörden wie kantonsrätliche Aufsichtskommission (KRAK) für die SZKB und den Kantonsrat. Wie interpretieren Sie die Turbulenzen rund um Kuno Kennel, den ehemaligen Präsidenten der Schwyzer Kantonalbank, im Rückblick? Mit seinem Rücktritt stellte Kuno Kennel im Herbst 2019 das Wohl der Bank über seine persönlichen Interessen. Damit wollte er dazu beitragen, dass sich die Bank wieder ungestört von medialen Kampagnen dem Tagesgeschäft widmen kann. Sind als Folge davon Vorschriften in der Schwyzer Kantonalbank verschärft worden, was die Tätigkeiten und den Spielraum des Präsidenten betreffen? Die Reglemente und Weisungen der SZKB werden periodisch überprüft und bei Bedarf angepasst. Die SZKB hat ihre Prozesse optimiert und für ihre wesentlichen Beteiligungen Vorschriften erlassen.
Kam es unerwartet für Sie, dass Sie auf diese Art und Weise zum Handkuss gekommen sind und über Nacht vom Bankrat ins Präsidium gewechselt sind? Von einem Handkuss kann nicht die Rede sein: Ich bedaure den Rücktritt von Kuno Kennel. Die Amtsübergabe erfolgte damals ziemlich schnell. Am 24. September 2019 wurde der Deloitte-Bericht, der Kuno Kennel entlastete, publik, und am 1. Oktober trat der Bankpräsident zurück. Just in der Zeit während Ihres Präsidiums ist die Corona-Pandemie ausgebrochen. Wie wirkt sich die Wirtschaftskrise auf die Schwyzer Kantonalbank aus? Die SZKB rechnet damit, dass nach mehreren Jahren mit tiefen Kreditausfällen, diese in Zukunft wieder ansteigen könnten. Aufgrund der starken Ertragskraft und ausgezeichneten Kapitalbasis der SZKB sind diese jedoch für die Bank verkraftbar. Mit welchem Jahresabschluss rechnen Sie heuer? Die SZKB geht trotz eines anspruchsvollen Umfelds von einem weiterhin soliden Geschäftsgang aus. Wie viele Überbrückungskredite in welchem Umfang hat die Schwyzer Kantonalbank bis anhin vergeben? Die SZKB hat per 4. Juni 2020 total 1045 Covid-19-Kredite im Gesamtbetrag von rund 110 Millionen ausbezahlt. Sind Betrügereien festgestellt worden bei Kunden, die sich unrechtmässig einen Kredit auszahlen lassen wollten? Bisher waren keine rechtlichen Schritte der SZKB notwendig. Finden Sie es angemessen, dass der Bund mittels Notmassnahmen hohe Beträge an Unternehmen und Selbstständige ausschüttet, die wegen der Corona- Krise in Not geraten sind? Ja, ich finde es angemessen und wichtig, dass die Covid-19-Kredite den Unternehmen und Selbstständigerwerbenden unbürokratisch und rasch ausbezahlt wurden. So konnten allfällige Liquiditätsengpässe überbrückt und eine grössere Entlassungswelle vermieden werden. Rechnen Sie mit einer Rezession als Folge der Corona-Pandemie?
Ja, die Rezession ist bereits im Gang. Die SZKB geht davon aus, dass die Wertschöpfung (BIP) in der Schweiz und im Kanton Schwyz 2020 deutlich schrumpfen wird.
Könnte als Folge davon eine Inflation oder eine Deflation eintreten?
Vorerst bleibt der Inflationsdruck gering. In eine echte Deflation werden wir aber kaum abgleiten. Nach Corona werden die aufgestaute Nachfrage, die Liquiditätsschwemme und die Tendenz einer leichten Deglobalisierung einen gewissen Preisauftrieb zur Folge haben. Bleiben uns Negativzinsen vorderhand erhalten? Ja, ein Ende der Negativzinsen ist aktuell nicht in Sicht. Haben sich die Kriterien für Kandidaten, die Bankrat werden wollen, im Verlaufe der Zeit verändert? Ja, die Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat Anforderungskriterien für den Bankrat als Gremium aufgestellt. Dadurch sind auch die Ansprüche an die einzelnen Kandidaten gestiegen. Der Kandidat für das Präsidium der Schwyzer Kantonalbank ist parteilos. Widerspiegelt sich darin eine Entpolitisierung dieses Amtes?
Der Bankpräsident und die Bankräte werden vom Kantonsrat gewählt. Die Evaluation der Kandidaten nimmt die kantonsrätliche Aufsichtskommission für die SZKB vor. Kann es sein, dass früher die Kandidaten gemäss einem Parteienschlüssel, je nach Stärke der Parteien im Kantonsrat, ausgewählt wurden? Ja, die Parteistärke der Fraktionen im Kantonsrat wurde bei der Auswahl der Kandidaten berücksichtigt.
Welche Bedeutung hatte das Bankratsmandat in Ihrem Leben?
Das Bankratsmandat war für mich sehr wertvoll. Die SZKB ist sehr gut organisiert. Vor allem die Professionalität, mit welcher in der SZKB anstehende, herausfordernde Aufgaben angegangen, die Bankstrategie periodisch überprüft, angepasst und konsequent umgesetzt wird, haben mich sehr beeindruckt. Was bedeutet Ihnen selber Geld?
Es ist schön, wenn man über genügend Geld verfügt, um seine wichtigsten Bedürfnisse erfüllen zu können. Geld ist aber sicher nicht das Wertvollste und Wichtigste im Leben.
In welchem Verhältnis stehen Geld und Glück zueinander?
Mit Geld kann man Glück nicht kaufen. Aber, wenn man über Geld verfügt, kann man damit sinnvolle Projekte unterstützen und andere Menschen glücklicher machen.
Glauben Sie an Schicksal und Vorsehung?
Nein.
Im Herbst wechselte Karl Roos vom Bankrat ins Präsidium der Schwyzer Kantonalbank. Nun neigt sich seine Amtszeit ihrem Ende entgegen.
Foto: Magnus Leibundgut