Veröffentlicht am

«Einmal wurde es 22 Uhr mit dem Auszählen»

«Einmal wurde es 22 Uhr  mit dem Auszählen» «Einmal wurde es 22 Uhr  mit dem Auszählen»

Seit 40 Jahren gehört Josef Schnyder dem Wahl- und Abstimmungsbüro an. Nun endet seine letzte Legislatur.

VICTOR KÄLIN

Können Sie sich noch erinnern, wie Sie 1980 ins Wahl- und Abstimmungsbüro gekommen sind? Das war keine grosse Sache. Martin Schönbächler, der damalige Posthalter, fragte mich, ob ich partei-intern die Nachfolge von Hermann Birchler antreten möchte. Der Sitz der CVP war unbestritten. Ich musste nicht lange überlegen, obwohl es damals nur ein einziges Wahl- und Abstimmungsbüro gegeben hatte und wir deshalb immer zum Einsatz gekommen sind. Die Umstellung auf drei Büros erfolgte aber schon schnell. Wie war der erste Einsatz? Fängt man da als «Lehrling» an? Daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern. «Lehrling» war man jedenfalls nicht; ich wurde sofort eingesetzt. Sortieren und zählen waren die Hauptaufgaben. Es ging alles ohne Schulung. Der Chef war damals Landschreiber Josef Hensler. Danach kamen Martin Harris, Walter Kälin und Peter Eberle. Unterschied sich die Arbeit im Jahr 1980 von jener im 2020? Es hat sich tatsächlich einiges verändert. Als ich begann, wurde alles von Hand gezählt. Wurde kumuliert und panaschiert, mussten wir die Namen auf vorgefertigte Bögen eintragen. Heute wird alles elektronisch erfasst. Später kam die briefliche Abstimmung. Und auch die Technik hat seit längerer Zeit Einzug gehalten: Heute wird der grösste Teil nicht mehr von Hand gezählt, sondern mit einer Spezialwaage gewogen. Ging es früher gemütlicher zu und her? Nicht unbedingt. Wir waren zwar mehr Leute, aber es gab auch mehr Handarbeit.

Gab es auch Pannen?

An eine richtig grosse Panne kann ich mich nicht erinnern. Einmal gab es hingegen mehr Wahlzettel als Stimmausweise. Da mussten wir mit dem Auszählen nochmals von vorne beginnen. Und ein anderes Mal dauerte unser Einsatz bis um 22 Uhr! Die Stimmbeteiligung war ausserordentlich hoch. Und zudem hatten am Sonntag die Urnen im Dorf bis um 14 Uhr offen.

Wie empfanden Sie die Arbeitsatmosphäre?

Sie war gut. Man arbeitete ruhig und konzentriert. Mit den Jahren kannte man sich immer besser und freute sich auf ein Wiedersehen. Es kam allerdings eher selten vor, dass man nach getaner Arbeit noch in die Beiz ging. Ich jedenfalls war nie dabei. Auf wie viele Einsätze sind Sie in all den Jahren gekommen?

Ich habe sie nicht gezählt.

Bei Bezirksvorlagen oder Lokalwahlen erfuhren Sie als Erster das Ergebnis. Durften Sie dieses jeweils umgehend per Telefon ausposaunen? Erst wenn das Resultat offiziell beglaubigt war, durften wir es weitererzählen. In früheren Jahren kam es bei Wahlen ab und zu vor, dass Personen im Rathaus auftauchten, die nicht dem Wahlbüro angehörten … Bei vielen Politikern hat die Karriere im Wahlbüro begonnen. Hatten Sie nie Interesse an einem anderen politischen Amt? Wollten Sie nie Bezirksrat werden?

Nein. Ich hatte in den Vereinen schon viel zu tun. Ich war in einigen Vorständen – und teilweise bin ich es heute noch. Und warum blieben Sie dieser Arbeit so lange treu? Ich war und bin politisch interessiert. Parteiversammlungen und Bezirksgemeinden besuchte ich immer. Doch jetzt, im Juni dieses Jahres, läuft die Legislatur aus. Deshalb höre ich jetzt auch auf. Es waren gute, schöne und spannende Zeiten.

Foto: Victor Kälin

Josef Schnyder

Jahrgang: 1943 Wohnort: Willerzell Beruf: Rentner Hobbys: Schiessen, Reisen mit dem Zug

Share
LATEST NEWS