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Dialäkt

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ZWISCHENLUEGETEN 3

ERNST FRIEDLI

Als früherer Marbacher steht mir das natürlich nicht zu. Es gibt ja nichts Schlimmeres als Auswärtige, die sich öffentlich zu Dialektfragen äussern. Aber da Klärli ab Geburt eine lupenreine Hiesige ist, hat sie auf den kürzlichen EA-Beitrag entsprechend stark reagiert. Das Motto «En starche Gäischt – zämä für Einsiedlä» weist laut Klärli gleich mehrere Gründe für einheimisches Unwohlsein auf. Schon das erste Wort täte ihr weh, denn keine Original-Hiesige würde da je «en» sagen, sondern maximal ein kurzes «ä». Und beim «starche» müsste man anstelle des «st» konsequenterweise ein «sch» setzen, wenn es schon im «Gäischt» sinnvoll sein sollte. Wobei ihr völlig unklar sei, warum «Gäischt» mit einem «ä» geschrieben werde, da «Einsiedlä» dann ja auch «Äinsiedlä» heissen müsste. In diesen sechs Worten finden sich offenbar vier Stolperer, welche das hiesige Sprachgefühl missachten.

Ich habe Klärli ja schon oft und unter verschiedensten Bedingungen erlebt. Sie ist als Hiesige grundsätzlich besonnen.Aber hier hat sie doch kurz ihre Fassung verloren. Ich habe sie dann mit einem warmen Zitronenmelissentee wieder beruhigen können und ihr dargelegt, dass «zämä» das Problem am besten erkläre: Mit der zunehmenden Bautätigkeit seien langsam Auswärtige und mit ihnen andere Dialekte in die Region eingeflossen, was die allseits verstandene Schreibweise des Dialekts nicht nur erschwere, sondern quasi verunmögliche. Klärli hat das dann eingesehen, den Tee getrunken und nach einer Pause laut und deutlich «hejbsch» gesagt, also «häibsch», respektive «heybsch ».

* Ernst Friedli, 64, seit Jahren verheiratet mit Klärli, geborene Schönbächler. Nichtraucher und Sachbearbeiter im Rathaus, steht unter Amtsgeheimnis. Macht sich in der Freizeit Gedanken zur Weltlage und unterstützt Sprachminderheiten.

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