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«Die Kirche kann ohne Sakramente auskommen»

«Die Kirche kann ohne  Sakramente auskommen» «Die Kirche kann ohne  Sakramente auskommen»

Der Corona-Lockdown kommt an sein Ende. Das Licht am Ende des Tunnels ist sichtbar. Der 34-jährige Benediktinerpater Philipp Steiner erklärt, was die Lockerungen für die Gottesdienste und die Wallfahrt bedeuten.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Das Pfingstfest steht vor der Türe. Sind Sie gerüstet für das Hochamt am Sonntag in der Klosterkirche? Bereits sind die zur Verfügung stehenden Sitzplätze in der Klosterkirche markiert und jede zweite Bankreihe gesperrt. Dank zusätzlichen Stühlen können rund 160 Leute am Gottesdienst teilnehmen. Wir haben ein gutes Sicherheitskonzept, welches laufend verfeinert wird. Rechnen Sie mit einem grossen Ansturm nach zehnwöchigem Lockdown ohne Gottesdienste? Das ist schwer zu sagen. Ich gehe davon aus, dass viele Menschen auch weiterhin vorsichtig bleiben. Hoffentlich verzichten Menschen von auswärts an einem solchen Feiertag auf einen Gottesdienstbesuch in der Klosterkirche und besuchen die Kirche vor Ort. Wurde die Portugiesen-Wallfahrt an Pfingsten abgesagt? Ja, das ist so. Für den Fall, dass trotzdem viele privat kommen, sind wir mit der Polizei im Gespräch. Im schlimmsten Fall gibt es für die Klosterkirche auch untertags Zutrittsbeschränkungen. Wer zu spät kommt, dem wird der Einlass in die Klosterkirche verweigert? Das kann passieren. Die Sakristane stehen bereit, um die Besucher zu zählen. Diese Massnahme hat überdies auch disziplinarischen Charakter: Ich hoffe, dadurch kommen weniger Gläubige zu spät in die Messe (lacht). Wieso verzichtet die katholische Kirche auf eine Registrierung der Besucher?

Laut Bundesrat gilt eine Pflicht zur Nachverfolgung der Infektionskette nur dann, wenn die Distanzregeln nicht eingehalten werden können. Unsere Massnahmen in der Klosterkirche erfüllen diese Bedingung. An anderen Orten wird eine Registrierung notwendig sein. Sind die strikten Auflagen problematischer als ein totales Verbot der Gottesdienste? Mit dem aktuellen Kompromiss sind wir auf einem goldenen Mittelweg unterwegs – aber der Mittelweg ist sicher anspruchsvoller als «alles oder nichts».

Haben Sie Angst, dass sich im Klosterdorf Gottesdienstbesucher mit dem Virus anstecken könnten? Das hoffe ich nicht. Aber klar ist: Der Herrgott schützt uns nicht vor unserer eigenen Dummheit. Wir müssen vernünftig sein und uns an die Sicherheits- und Hygienemassnahmen halten.

Sind Einlasskontrolle und begrenzte Personenzahl theologisch bedenklich? Gottesdienste sind immer etwas Öffentliches, ein Ausschluss von Gläubigen ist nicht vorgesehen. Aber als Massnahme in einer Notsituation ist die Einlasskontrolle durchaus zulässig Kann die Kirche in Ausnahmesituationen auch ohne Sakramente auskommen? Die Kirche kann vor Ort ohne Sakramente auskommen – zumindest eine Zeit lang. Aber auf Dauer wäre ein Gottesdienstverbot verheerend für das Leben einer Ortskirche.

Hätte man beim digitalen Gottesdienst und bei der geistigen Kommunion bleiben können? Das war eine Notlösung. Der Gottesdienst lebt von der Begegnung und der erlebten Gemeinschaft. Gleichwohl werden wir den Livestream beibehalten, solange nicht alle an Gottesdiensten teilnehmen können. Findet die Fahrenden- und die Afrikaner-Wallfahrt statt? Die Fahrenden-Wallfahrt Ende Juli ist die erste, die bisher noch nichtabgesagtwurde.Auchfürdie Afrikaner-Wallfahrt Ende August besteht aktuell noch Hoffnung, dass sie stattfinden kann. Hoffentlich mit Tanzen und Singen! Foto: Lisbeth Burkard

Pater Philipp Steiner

Jahrgang: 1985 Wohnort: Einsiedeln Beruf: Wallfahrtspater Hobbys:

Sakristan, Seelsorger Lesen, Natur, Sport

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