Gottesdienste starten wieder – mit strikten Auflagen
Keine Messfeiern, keine Gottesdienste, keine Sakramente: Seit Beginn der Corona-Krise steht das kirchliche Leben in Einsiedeln still. Ab dem Donnerstag lockern sich die Bedingungen. Während Katholiken wieder Messen feiern können, müssen sich Reformierte gedulden: Aus Platzgründen finden erst ab 9. August wieder Gottesdienste statt.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Endlich ist es so weit: Ab 28. Mai darf in den Einsiedler Kirchen wieder gefeiert werden. Und dies erst noch ohne Anmeldung: «Eine Registrierung der Besucher wäre aufwendig gewesen», sagt Pater Basil Höfliger, Leiter der Pfarrei Einsiedeln: «Eine Anmeldung ist laut BAG dann nötig, wenn der Sicherheitsabstand von zwei Metern zwischen Gläubigen aus unterschiedlichen Haushalten nicht eingehalten werden kann.» Damit der Abstand eingehalten werden kann, wird mittels Eingangskontrolle dafür gesorgt, dass maximal hundert Besucher in die Jugendkirche eingelassen werden. «Für die Personen, die am Pfingstsonntagmorgen keinen Einlass mehr zum Gottesdienst finden oder sich schon zuvor anders entschieden haben, feiern wir am Sonntagabend in der Jugendkirche um 17.30 Uhr einen zusätzlichen Gottesdienst », führt Pater Basil aus: Fürs Erste sei vorgesehen, diese zusätzliche Messe immer am Sonntagabend anzubieten. Singen kann Virus verbreiten
Die Auflagen sind strikt: «Wir verzichten weitgehend auf das Singen von Liedern und räumen die Kirchgesangsbücher weg», erläutert der Pfarreileiter: «Der Kommuniongang verläuft in Einerkolonnen. Die Kommunionspender desinfizieren sich die Hände vor der Kommunion und verzichten auf den Dialog. Es wird keine Mundkommunion gegeben.» Der Pater hält die Einlasskontrolle und begrenzte Personenzahl theologisch für unbedenklich: «Das ist kein Widerspruch zum Kirchenrecht. Wir bieten zusätzliche Gottesdienste an, damit möglichst alle an einem Gottesdienst teilnehmen können.» Keine Option sei es gewesen, beim digitalen Gottesdienst und bei der geistigen Kommunion zu bleiben. «Es ist ein grosses Bedürfnis der Gläubigen, sich real zu treffen und wieder Gottesdienste miteinander zu feiern», erläutert Pater Basil: Er hat keine Bedenken, dass es aufgrund einer heiligen Messe zu Ansteckungen mit dem Coronavirus kommen wird. «Wir nehmen die Sicherheitsvorkehrungen ernst und vertrauen auf die Eigenverantwortung der Leute», konstatiert der Pfarreileiter.
Auch in der Klosterkirche können ab Donnerstag wieder Messen gefeiert werden: Unter strengen Auflagen, die Hygienemassnahmen, Sicherheitsabstand und Maximalanzahl Gottesdienstteilnehmer betreffen. «Personen aus den Risikogruppen wird empfohlen, die Gottesdienste über den weiterhin bestehenden Livestream www.kloster-einsiedeln. ch/live online mitzufeiern», schreibt das Kloster Einsiedeln in einer Medienmitteilung.
Damit die Sicherheitsvorschriften eingehalten werden können und zwischen den einzelnen Messen genügend Zeit für Reinigung und Desinfektion bleibt, erfährt die Gottesdienstordnung einige Veränderungen: Ausser der Frühmesse an Werktagen um 6.15 Uhr und dem abendlichen Rosenkranzgebet finden in der Gnadenkapelle bis auf Weiteres keine Gottesdienste statt.
Die übrigen Eucharistiefeiern werden am Hauptaltar zelebriert. Die Pilgermesse an Sonnund Feiertagen wird um 15 Minuten auf 11.15 Uhr verschoben, die Abendmesse um eine halbe Stunde: Sie beginnt neu um 18 Uhr. Auch das Rosenkranzgebet beginnt später: an Sonn- und Feiertagen um 19 Uhr und an Werktagen um 18.15 Uhr (samstags weiterhin um 18.30 Uhr). Um den Überblick über die Anzahl Personen in der Klosterkirche zu haben und um Gegenverkehr zu vermeiden, gibt es ein «Einbahnsystem»: Während der Coronakrise dient lediglich der nördliche Seiteneingang als Zugang zur Klosterkirche. Der südliche Seiteneingang ist ausschliesslich für das Verlassen der Klosterkirche gedacht. Die Kommunion nur per Hand
«Die Besucher der Klosterkirche desinfizieren sich die Hände», teilt das Kloster Einsiedeln mit: «Ein Kirchengesangbuch kann nicht an den Platz genommen werden, da der Gemeindegesang auf ein Minimum reduziert werden muss.» Die zur Verfügung stehenden Sitzplätze sind markiert, jede zweite Bankreihe ist gesperrt. Dank zusätzlichen Stühlen können 160 Personen einen Gottesdienst mitfeiern.
Beim Kommuniongang zeigen Markierungen am Boden den Sicherheitsabstand an und an welcher Stelle die Kommunion empfangen werden kann. «Der Leib Christi kann nur auf die Hand empfangen werden. Mundkommunion ist aus hygienischen Gründen nicht gestattet », schreibt das Kloster.
Anders gestaltet sich die Situation in der reformierten Kirchgemeinde Einsiedeln: «In unserer frisch renovierten Kirche finden voraussichtlich erst ab dem zweiten August-Sonntag wieder Gottesdienste statt», berichtet Pfarrer Urs Jäger-Beux.
Der Grund hierfür liegt in den beschränkten Platzverhältnissen in der reformierten Kirche in Einsiedeln: Zwar verfügt die Kirche über 100 bis 150 Plätze. «Wenn wir das Schutzkonzept ernst nehmen und jedem Gottesdienstbesucher vier Quadratmeter Raum zugestehen, dann haben kaum mehr als zwanzig Personen Platz in unserer Kirche», erklärt der Pfarrer: «Wir wollen nicht das Risiko eingehen, dass mehr Leute kommen, denen wir dann den Einlass verweigern und die wir wieder wegschicken müssten.» Zudem seien viele Kirchenmitglieder Senioren und gehörten zu den Risikopatienten. Jäger-Beux hofft, dass ab dem 9. August wieder Gottesdienste im Normalbetrieb in der reformierten Kirche Einsiedeln möglich sein werden: Am 9. August findet das Sommerfest der reformierten Kirchgemeinde statt. Geplant ist ein Freiluft-Gottesdienst.
Weiterhin virtuelle Feiern Doch bis dann versammelt sich die Kirchgemeinde weiterhin jeden Sonntag zu interaktiven WhatsApp-Gottesdiensten, «an denen die Teilnahme oft reger sei als normalerweise in der Kirche», berichtet Pfarrer Jäger-Beux.
Auch auf der Holzegg gibt es bis auf Weiteres keine Gottesdienste: «Da ein Schutzkonzept und die Hygienerichtlinien in der Holzegg-Kapelle schwer umzusetzen sind, hat sich der Kapellrat der Bruder-Klaus-Kapelle entschlossen, vorderhand auf die Wiederaufnahme der sonntäglichen Gottesdienste zu verzichten », schreibt Urs Seeholzer, Präsident des Kapellrats der Bruder-Klaus-Kapelle.
Noch ist die Jugendkirche in Einsiedeln leer. Am Pfingstsonntag findet hier wieder die erste Messe nach zehn Wochen Lockout statt.
Die Klosterkirche in Einsiedeln erwartet viele Besucher an Pfingsten: Am Sonntag findet hier um 9.30 Uhr ein feierliches Konventamt statt. Fotos: Magnus Leibundgut
Pfarrer Urs Jäger-Beux während einer Videoaufnahme zu einer WhatsApp-Abendmahlsfeier in der reformierten Kirchgemeinde Einsiedeln. Foto: zvg