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Diskussion um Finanzierung der Sozialkosten ist angestossen – für die Regierung «verfrüht»

Im Schnitt um 7 Prozent steigen die Sozialkosten pro Jahr. Drei Kantonsräte fragen, ob der Kanton die Gemeinden nicht entlasten will. Doch dieser winkt ab. Vorerst einmal.

VICTOR KÄLIN

Die Entwicklung der Sozialkosten aller Schwyzer Gemeinden kennt in jüngerer Vergangenheit nur eine Richtung: nach oben. In den letzten sechs Jahren erhöhte sich der Gesamtaufwand für Ergänzungsleistungen (EL), Pflegefinanzierung und Gesundheitswesen um 14,5 Millionen Franken auf 55,4 Millionen. «Steuerdisparitäten abbauen»

Das blieb auch den drei FDP-Kantonsräten Marlene Müller (Wollerau), Heinz Theiler (Goldau) und Roger Züger (Schübelbach) nicht verborgen. In einem am 21. April 2020 eingereichten Postulat hielten sie fest, dass einzelne Gemeinden gar keine Möglichkeit hätten, «die Steuern zu senken, da sie immer höhere Kosten vom Kanton übernehmen müssen».

Anstelle einer weiteren gesamtkantonalen Steuersenkung solle dieser deshalb lieber weniger Kosten in den Bereichen Pflegefinanzierung, Ergänzungsleistungen (EL) und Gesundheitswesen auf die Gemeinden überwälzen. «Damit», so die Folgerung der Parlamentarier, «die Gemeinden ihren Steuerfuss senken können und die Steuerdisparität weiter gesenkt werden kann.» In ihrem Postulat fordern sie den Regierungsrat deshalb auf, die Auswirkungen einer Kostensenkung von 25 Prozent auf die Steuerfüsse der Gemeinden aufzuzeigen.

Gemeinden im Schnitt um 4,7 Prozent entlastet Wie der Regierungsrat vorrechnet, entspricht die Kostensteigerung einer durchschnittlichen jährlichen Zunahme von 7,1 Prozent. Würde der Kanton im Sinne einer neuen Lastenaufteilung 25 Prozent dieser Kosten übernehmen, könnten die einzelnen Gemeinden den Steuerfuss um durchschnittlich 4,7 Prozent senken. Bei Gemeinden mit einer überdurchschnittlich hohen Steuerkraft liegt die Steuerfussreduktion in einer Bandbreite zwischen 1,3 und 4,9 Prozent. Bei den übrigen Gemeinden bewegt sie sich zwischen 7,2 und 17,8 Prozent (ohne Riemenstalden). Das heisst: Steuerschwache Gemeinden würden stärker profitieren.

Das Beispiel Einsiedeln

Wie liest sich die nebenstehende Statistik für Einsiedeln? Bei einem Steuerfuss von 230 Prozent erzielte der Bezirk im Jahr 2018 einen Steuerertrag von 34,8 Millionen Franken. Ein Steuerfussprozent entspricht damit 151’000 Franken. Eine Entlastung von 25 Prozent der erwähnten Sozialkosten- Beiträge des Jahres 2018 von insgesamt 5,4 Millionen würde zu einer Reduktion von 1,36 Millionen führen. Der Steuerfuss könnte dadurch um 9,0 Prozent auf 221 Prozent gesenkt werden. Mehrbelastung des Kantons von 4,4 Prozent Die Entlastung der Gemeinden würde auf der anderen Seite zu einer Steuerfusserhöhung beim Kanton führen. Diese Erhöhung läge gemäss den Berechnungen der Regierung mit 4,4 Prozent unter der durchschnittlichen theoretischen Steuerfussreduktion bei den Gemeinden von 4,7 Prozent. Ausserdem wäre der Kantonstarif ergiebiger, da dieser bei den höheren Einkommen einen zusätzlichen höheren Steuersatz vorsieht. Im Klartext heisst dies, diese Kostenumverteilung würde für die Steuerpflichtigen der Gemeinden mit einer unterdurchschnittlichen Steuerkraft eine Entlastung bedeuten, für diejenigen mit einer überdurchschnittlichen Steuerkraft dagegen eine Belastung.

«Belastung für Gemeinden offenbar tragbar»

In ihrer Antwort sieht die Schwyzer Regierung zurzeit allerdings keinen Handlungsbedarf. «Für die Gemeinden sind die aktuellen Kostenteiler offenbar tragbar, so sahen sich auf das Steuerjahr 2020 weder Bezirke noch Gemeinden veranlasst, ihre Steuerfüsse zu erhöhen», schreibt der Regierungsrat. Er räumt allerdings ein, dass sich gewisse finanzielle Problemstellungen im Bereich Gesundheitsund Sozialleistungen abzeichnen würden. «Eine reine Kostenverlagerung ist für den Regierungsrat jedoch in keinem Fall eine Alternative.» Falls in Zukunft Massnahmen ergriffen werden sollten, müssten die Aspekte ganzheitlich betrachtet werden. «Derartige Betrachtungen scheinen vor dem Hintergrund des Projekts ‹Aufgabenteilung II› des Bundes zum aktuellen Zeitpunkt jedoch verfrüht», so der Regierungsrat weiter. «Sollten mit Aufgabenverschiebungen und entsprechenden Kostenverlagerungen zu einem späteren Zeitpunkt effizientere Strukturen ermöglicht werden, ist der Regierungsrat gewillt, diese Optimierung an die Hand zu nehmen.» Er empfiehlt dem Kantonsrat, das Postulat für nicht erheblich zu erklären.

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