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Nach der Vergewaltigung kam es zur sexuellen Beziehung

Ein Ausländer, der seine Pflegemutter vergewaltigt hat, wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

RUGGERO VERCELLONE

Insgesamt 50 Mal soll ein heute 19-jähriger Ausländer seine Schweizer Pflegemutter in der gemeinsamen Wohnung im Kanton Schwyz und in den Ferien im Ausland während eineinhalb Jahren vergewaltigt haben – erstmals als 17-Jähriger. So zumindest beurteilte es die Staatsanwaltschaft, die für den Pflegesohn eine 34-monatige Freiheitsstrafe beantragte. Zwölf Monate davon seien abzusitzen, der Rest sei bedingt auf drei Jahre auszusprechen. Zudem solle der Pflegesohn, der seit 2015 in der Schweiz lebt, für sieben Jahre des Landes verwiesen werden.

«Gefühlsmässig, nicht aber körperlich verbunden» Beim ersten Übergriff im November 2017 habe sie sich «mit aller Kraft gewehrt». Sie habe auch gesagt: «Nein, hör auf, ich bin deine Pflegemutter. Stopp, hör auf.» Er habe sie aber überwältigt und sie vergewaltigt. Mehrmals wiederholten sich laut Anklage diese Vorfälle bis im Frühjahr 2018. Dann habe die Pflegemutter zwar jeweils immer Nein gesagt, sich körperlich aber nicht mehr gewehrt. Aus Angst davor, dass ihr Peiniger ihrer Familie oder sich selbst etwas antue, habe sie die Übergriffe über sich ergehen lassen. Im März 2019 wandte sie sich an die Polizei, «um mich beraten zu lassen ». Damit nahm das Strafverfahren seinen Lauf.

Sie habe erst so spät auf die Vorfälle reagiert, weil sie sich mit ihrem Pflegesohn zwar gefühlsmässig, nicht aber körperlich verbunden fühlte, sagte sie auf eine entsprechende Frage des Gerichtspräsidenten. Zudem habe sie das Pflegeverhältnis nicht mehr erneuern wollen, habe sich aber von der Behörde doch zu einer Verlängerung überreden lassen. Der Beschuldigte hingegen behauptete, es sei immer einvernehmlicher Sex gewesen. Sie habe sich jeweils schön gemacht, ihn gestreichelt und geküsst und sich selbst ausgezogen. Beim ersten Mal habe sie zwar Nein gesagt und ihn leicht weggeschubst, dabei habe sie aber gelacht. Sie habe nicht geschimpft, weshalb er ihr Nein nicht als ein Nein empfunden habe. Er habe zudem nie Gewalt angewendet. Mit der Zeit habe er verstanden, dass es falsch sei, Sex mit seiner verheirateten Pflegemutter zu haben. Deshalb habe er das Ganze beenden und ausziehen wollen.

Nur einen Fall …

Zugegeben hat der Pflegesohn den Tatbestand der sexuellen Handlung mit einem Kind im Sommer 2017 – vor den Vergewaltigungsvorwürfen. In den Sommerferien im Ausland hatte er die Hand der Pflegeschwester zu seinem Penis geführt. Deswegen beantragte seine Verteidigerin höchstens eine bedingte Geldstrafe.

Das Strafgericht erkannte nur den ersten Übergriff auf die Pflegemutter als Vergewaltigung. Das Nein und das Zurückschubsen seien zwar nicht als massiver Widerstand zu verstehen; dies genüge aber, um dem Beschuldigten zu zeigen, dass man keine sexuelle Handlung wünsche. Die übrigen vorgeworfenen Vergewaltigungen taxierte das Gericht als einvernehmlichen Sex. Es sei für das Gericht auch nicht ganz nachvollziehbar, weshalb die Frau nicht früher Hilfe geholt habe.

Da der Pflegesohn zum Tatzeitpunkt noch nicht volljährig war, unterstand er dem Jugendrecht. Er wurde zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe, bedingt auf drei Jahre, verurteilt. Eine Landesverweisung ist im Jugendrecht nicht vorgesehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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