«Wir stülpen dem Spital Einsiedeln kein Patentrezept über»
Per 1. Mai geht die Leitung des Spitals von Urs Birchler an Michael Mehner über – und damit definitiv an die Ameos Gruppe.
VICTOR KÄLIN
Mit defizitären Unternehmen hat Michael Mehner Erfahrung: Als die Ameos Gruppe 2017 die Seeklinik Brunnen übernahm, schrieb auch dieses Schwyzer Spital rote Zahlen. Und nun heisst der Ort Einsiedeln. Ab dem 1. Mai wird Mehner parallel Direktor der Seeklinik Brunnen wie auch des Spitals Einsiedeln sein (EA 16/20). «Mein Fokus und meine Energie werden gerade in der Übergangszeit aber Einsiedeln gehören», verspricht der 37-jährige Familienvater. «Präsenz und Vertrauen sind jetzt wichtig.» «Keine umwälzenden Veränderungen» Per 1. Mai seien keine «umwälzenden Veränderungen zu erwarten », sagt der baldige Direktor des Spitals Einsiedeln. «Die Ameos Gruppe stülpt keinem Spital ein Patentrezept über.» Vielmehr geht es darum, sich im ersten Schritt ein umfassendes Bild vor Ort zu machen, Gespräche zu führen und die Stärken, aber auch die Schwächen des Spitals zu analysieren. Diese gilt es dann gemeinsam mit den Mitarbeitenden vor Ort und der Unterstützung durch die Ameos Gruppe anhand eines konkreten Massnahmenplans rasch anzugehen.
Ganz neu ist für ihn die Situation des Spitals Einsiedeln inzwischen nicht mehr. Seit Anfang März arbeitet er intensiv mit dem scheidenden Übergangsdirektor Urs Birchler zusammen – und ist beeindruckt von dessen Arbeit und seinem Team vor Ort und begeistert vom Spital insgesamt: «Die Identifikation der Mitarbeitenden, der Bevölkerung und der zuweisenden Ärzte ist hoch. Das Spital hat grosses Potenzial », fasst Mehner seine ersten Eindrücke zusammen. «Die Menschen hier sind von ihrem Spital nach wie vor überzeugt, das ist eine wichtige Grundvoraussetzung. » Gegenüber dem Einsiedler Anzeiger bestätigt er, dass mit dem Betriebsübergang die bestehenden Arbeitsverhältnisse und Ausbildungsplätze erhalten bleiben. «Das ist eine Selbstverständlichkeit. Schliesslich wird das Spital von den Mitarbeitenden getragen» – rund 350 sind es derzeit.
Mitten in der Corona-Zeit
Als der Vertrag zur Übernahme des Einsiedler Spitalbetriebs unterzeichnet wurde, waren weder die Corona-Pandemie, noch deren Auswirkungen auf die Spitäler ein Thema. «Das spielt letztlich keine Rolle», stellt Michael Mehner klar. «Die Übernahme passt zur Strategie der Ameos Gruppe – unabhängig von der aktuellen Pandemie.» Nach Ansicht Mehners hat das Spital in den letzten zwölf Monaten bereits «grosse Fortschritte gemacht». Der Zustand des Betriebs «entspricht aktuell unseren Erwartungen». Er sieht dennoch weiteres Entwicklungspotenzial und freut sich, dass sich das Spital im Vergleich zum Vorjahr schon etwas aus dem Defizit herausgearbeitet hat – verbunden mit einem Dankeschön an Stiftung und Geschäftsleitung: «Sie haben einen sehr guten Job gemacht. » Warten auf die Regierung Wie alle Spitäler ist auch die Ameos Gruppe von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Während die Regierungen in Deutschland und Österreich bereits Aussagen zu den Finanzhilfen gemacht haben, vermisst Mehner bisher «eine verbindliche Regelung in der Schweiz und eine klare Antwort des Bundesrats ». Dank der länderübergreifenden Tätigkeit der Gruppe im D-A-CH-Raum (Deutschland- Österreich-Schweiz) könne sie «die Unsicherheiten in der Schweiz jedoch etwas besser auffangen als vielleicht andere Spitäler».
Sind die Corona-Folgen für den Standort Einsiedeln existenzbedrohend? Gemäss Mehners persönlicher Einschätzung zufolge hätte das Spital als Einzelgänger aufgrund seiner angespannten Finanzlage die Corona-Auswirkungen womöglich «finanziell nicht überlebt». Als Teil einer grossen Spitalgruppe wird das Spital die Folgen besser bewältigen können. «So gesehen», fasst Mehner zusammen, «fand das Spital Einsiedeln zu einem guten Zeitpunkt Aufnahme bei Ameos.»
«Zu einem guten Zeitpunkt zu Ameos»: der designierte Direktor Michael Mehner zum Spital Einsiedeln. Foto: Victor Kälin