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Wie der Sihlsee vollends verlandet

Wie der Sihlsee vollends verlandet Wie der Sihlsee vollends verlandet

Die Trockenheit und ein stärkerer Einsatz der Turbinen im Etzelwerk sorgen für einen Tiefstand des Sihlsees

Noch bedeutet der Messwert von 885,2 Metern beim Sihlsee keinen Rekordtiefstand. Erhöht sich der See bis am 1. Juni nicht noch um zwei weitere Meter, muss das Etzelwerk «Muggengeld» an den Bezirk Einsiedeln zahlen.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Von Regen gibt es weit und breit keine Spur. Das ist für Landwirte, Gärtner und Fischer am Sihlsee eine Hiobsbotschaft. Denn Letztere beklagen das Vertrocknen von Eiern und Laich der Hechte, weil der See einen ausgesprochen tiefen Wasserstand erreicht hat.

Aus Sicht des Etzelwerks ist dies allerdings kein Grund, um in Panik auszubrechen: «Tiefe Seestände im Frühjahr sind keine Seltenheit für Stauseen», sagt Daniele Pallecchi: «Die aktuelle Lage am Sihlsee ist daher nichts Aussergewöhnliches.» Der SBB-Mediensprecher erklärt den aktuellen Seestand mit drei Faktoren: Einerseits würden Ende April Bauarbeiten durchgeführt, die einen tiefen Seestand bedingen. Turbinen sind auf Hochtouren

Andererseits würde die reduzierte Verfügbarkeit anderer SBB-Wasserkraftwerke im Frühjahr zu einem stärkeren Einsatz der Turbinen im Etzelwerk führen. Zu guter Letzt spielt auch noch die Witterung eine Rolle: «Es gibt derzeit tiefere Zuflüsse, die den Seespiegel langsamer ansteigen lassen als üblich», konstatiert Pallecchi.

Was wären die Folgen für den Sihlsee und das Etzelwerk, wenn die Trockenheit weiter andauern würde? «Der aktuelle Seestand hat keinen direkten Einfluss auf die Stromproduktion», führt der SBB-Mediensprecher aus: Ausnahme sei die reduzierte Fallhöhe, die den Energiekoeffizienten verringere. «Unsere Modelle planen bei durchschnittlichen Zuflüssen eine Seefüllung bis Anfang Juni», schildert Pallecchi.

Hält es das Etzelwerk für möglich, dass der Wasserstand bis am 1. Juni 887,34 Meter nicht erreicht und das Werk «Muggengeld » zahlen muss? «An Spekulationen beteiligt sich die SBB nicht», betont Pallecchi: «Würde im Sommer das Minimum von 887,34 Meter unterschritten, müsste eine Füllbusse, genannt Mückengeld, an den Bezirk Einsiedeln bezahlt werden.» Abhängig vom Zufluss der vergangenen sechs Monate könne das gemäss aktuell gültiger Konzession bis zu 2500 Franken pro Tag sein.

«Nicht zwingend Verluste» Wie gross wären die Verluste für das Etzelwerk, wenn wegen des tiefen Wasserstands auf die Stromproduktion verzichtet werden müsste? «Die Bewirtschaftung des Etzelwerks erfolgt aus Gesamtportfoliosicht der SBB – mehrere Kraftwerke sind in Unternehmensbesitz », erwidert Pallecchi: Die Produktionsprogramme würden laufend unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen und Zuflussprognosen optimiert. «Übers Jahr hinweg sind Phasen mit geringer Produktion in einzelnen Kraftwerken durchaus der Regelfall und sorgen nicht zwingend für Verluste», hält der Mediensprecher SBB fest.

Pallecchi präzisiert: Das Stauziel liege beim Sihlsee auf 889,34 Meter über Meer. Im Winter könne der See um bis zu 12,6 Meter auf 876,74 Meter abgesenkt werden. «Während der Sommermonate (Juni bis Oktober) kann der See um bis zu zwei Meter abgesenkt werden – auf 887,34 Meter über Meer», sagt Pallecchi.

Klimawandel mit Folgen In der Tat war der Wasserstand des Sihlsees auch schon tiefer als heuer: Im Jahr 2013/14 betrug der Messwert 884,40 Meter, im Jahr 2007/08 lag der See auf der Höhe von 884,20 Meter. Dass das Etzelwerk «Muggengeld » bezahlen muss, zuhanden des Bezirks Einsiedeln, kommt selten vor. Letztmals war das Mückengeld im Jahr 1998 fällig. Der neue Konzessionsvertrag sieht diese Bussgelder weiterhin vor, allerdings mit deutlich höheren Beträgen: Für den ersten und den zweiten Tag sind es je 20’000 Franken, für den dritten und vierten Tag je 33’000 und ab dem fünften Tag dann 45’000 Franken.

Wenn die Trockenheit in unseren Breitengraden weiterhin überhandnimmt, könnte denn der Klimawandel das Etzelwerk dereinst teuer zu stehen kommen. Fürs Erste verhält sich der derzeitig aktuelle Messwert beim Sihlsee stabil und verharrt so um den Wasserstand von 885 Metern über Meer herum. Weil bis Ende April kaum nennenswerte Niederschläge angesagt sind, dürften die Chancen gering sein, dass dieser Pegelstand erheblich steigen könnte.

Der Sihlsee präsentiert sich derzeit ausgesprochen trocken und lädt aktuell zum Velofahren statt zu einer Schifffahrt ein. Foto: Kurt Füchslin

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