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«Vor die Lage treten, lautet unsere Devise»

«Vor die Lage treten, lautet  unsere Devise» «Vor die Lage treten, lautet  unsere Devise»

Seit einem Monat ist der Bezirksführungsstab im Holzhof im Einsatz. Er schützt bei Katastrophen, Notlagen und bewaffneten Konflikten die Bevölkerung im Bezirk Einsiedeln. Just die aktuelle Corona-Pandemie hat nun zu einer aussergewöhnlichen Lage geführt, die einen Einsatz dieses Stabes notwendig macht.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie in einem Bienenhaus geht es in der Zivilschutzanlage Holzhof in Einsiedeln zu und her: Emsig werden Daten zusammengetragen, Recherchen betrieben, Telefonate geführt, Videokonferenzen vorbereitet und Freiwillige sondiert.

Der Zivilschützer Thomas Birchler ist mit zehn Gesundheitsinstitutionen im Bezirk Einsiedeln in Kontakt und fragt in Altersheimen, bei der Spitex, im Spital, beim Rettungsdienst, bei Stiftungen, im Chinderhus und im Testzentrum nach, wie viele Corona-Fälle es gebe und ob die Häuser logistische Unterstützung benötigen würden.

Freiwillige im Fokus

Lukas Kauflin ist als Freiwilliger im Einsatz: Der Berufsoffiziersanwärter recherchiert, wie die Lage in der ganzen Schweiz aussieht und trägt Daten aus den Kantonen zusammen. «Seine Arbeit ist wichtig, denn nur mit diesen Zahlen ist es dem Bezirksführungsstab möglich, eine Lageübersicht zu erstellen», berichtet Keshab Bucheli, der seit zwei Jahren Chef des Bezirksführungsstabs Einsiedeln ist: Seit dem 18. März agiert der Stab erstmals in einem konkreten Ernstfall – «Covid-19» hat ihn ausgelöst.

Mit dem Entscheid des Kantons Schwyz, die Führungsverantwortung bei den Massnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus vom bisherigen Sonderstab auf den kantonalen Führungsstab zu übertragen, nahm auch der Bezirksführungsstab Einsiedeln seine Tätigkeit in der aktuell als «ausserordentliche Lage» definierten Situation auf. Es liegt in der Entscheidungskompetenz dieses Stabs, das weitere Vorgehen und weitere Massnahmen im Bezirk festzulegen.

Neben der Lageübersicht gehören das Führen des Corona- Testzentrums an der Spitalstrasse, die Logistik und das Management der freiwilligen Einsätze zu den wesentlichen Aufgaben des Bezirksführungsstabs Einsiedeln, schildert Bucheli.

Arbeit in den Altersheimen Während Michael Kümin, Sachbearbeiter Sicherheit im Ressort Volkswirtschaft und Sicherheit beim Bezirk, aufgrund der Corona- Pandemie seinen Arbeitsort vom Feuerwehrdepot Einsiedeln in den Kommandoposten verlagert hat, ist Daniel Reichmuth als Freiwilliger im Einsatz: Er fragt bei Gesundheitsinstitutionen nach, wie deren Bedürfnisse und Anforderungen bezüglich Freiwilligeneinsätze beschaffen sind und sucht Freiwillige, welche die Arbeiten übernehmen könnten.

Reichmuth erfasst auch bereits mögliche Einsatzbereiche für die Freiwilligen: Möglich sind unter anderem Einsätze im Pflegebereich oder der Betreuung, in der Reinigung, der Wäscherei, für Botengänge oder Fahrdienste oder im technischen Dienst. «Wir sind sehr erfreut, dass sich bis anhin so viele Freiwillige bei uns gemeldet haben», konstatiert Bucheli: Der Stab sei weiterhin auf der Suche nach Freiwilligen. «Auch wenn der Peak der Pandemie überschritten zu sein scheint, wird sich an der Situation in den Heimen noch längere Zeit wenig ändern», gibt Bucheli zu bedenken.

Immer montags und donnerstags wird rapportiert: An diesen Tagen geht eine Videokonferenz über die Bühne, an der sich die Mitglieder des Bezirksführungsstabs Einsiedeln austauschen. An dieser Konferenz nehmen der Chef des Stabs, der Chef des Zivilschutzes, der Fachberater Gesundheit, der Chef Personelles und Finanzen, die stellvertretende Bezirksschreiberin, der Chef freiwillige Helfer, der Chef des Testzentrums Einsiedeln, die Chefin Information und Kommunikation beim Bezirk Einsiedeln und der Chef Logistik teil.

Zehn Mal getestet pro Tag Eine Lagebeurteilung im Austausch mit dem Kanton wird jeden Tag um 15 Uhr vorgenommen. Immer mittwochs um 16 Uhr findet eine Konferenz mit den zehn Gesundheitsinstitutionen im Bezirk Einsiedeln statt. «Im Fokus der Konferenzen steht nicht zuletzt die Zahl der Tests», führt Bucheli aus: «Weil diese Zahl Auskunft gibt, wie weit verbreitet der Virus ist.» Auf dem Höhepunkt der Pandemie seien acht bis zehn Corona-Tests in Einsiedeln gezählt worden. Seit einiger Zeit sinke diese Zahl nun.

Der Bezirksführungsstab sei gut vorbereitet in die Corona-Krise gestartet, erzählt Bucheli: «In den letzten zwei Jahren wurden mehrfach Stabsübungen durchgeführt. Es gilt immerzu, sich die Frage zu stellen, was passieren könnte.» Vor die Lage treten, laute die Devise. Um schliesslich eine Katastrophe antizipieren, eine Notlage gut aufgestellt erwarten zu können.

In diesem Sinne zieht Bucheli eine durchwegs positive Zwischenbilanz der durch den Bezirksführungsstab ausgeführten Arbeiten. Als eine der grössten Herausforderungen hätte sich das Ausmerzen von Doppelspurigkeiten herausgestellt: «Unklar war, ob nun das kantonale Amt für Gesundheit und Soziales oder der Bezirk für die Altersheime zuständig sein soll. Jetzt herrsche Klarheit: Der Kanton kümmere sich um das Materielle, der Bezirk um das Personelle bezüglich der Heime. Stromausfall wäre gut möglich

Dass also mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Pandemie in Einsiedeln auftreten könnte, hat der Bezirksführungsstab richtig vorweggenommen und sich dementsprechend vorbereitet. «Was wir auch schon geübt haben, ist ein Stromausfall», stellt Bucheli fest: Weil sich Einsiedeln stromtechnisch betrachtet am Rand befinde, könnte ein Stromunterbruch schwere Folgen mit grossem Schadensausmass im Klosterdorf nach sich ziehen.

Dass bis anhin nur wenige Corona- Fälle in Einsiedeln aufgetaucht seien, kann sich Bucheli derweil kaum erklären: «Es ist ja nicht so, dass Einsiedeln eine vollends abgeschirmte Insel wäre.» Noch weniger kann sich der Chef des Bezirksführungsstabs vorstellen, dass bald ein bewaffneter Konflikt im Klosterdorf ausbrechen könnte. Nichtsdestotrotz ist das Fotografieren im Innern des Holzhofes aus Sicherheitsgründen untersagt – just aufgrund der Möglichkeit, dass eben doch ein Krieg in Einsiedeln ausbrechen könnte.

Aufgrund seines polizeilichen und militärischen Hintergrunds ist Keshab Bucheli befähigt, den Bezirksführungsstab im Holzhof in Einsiedeln zu leiten.

Foto: Magnus Leibundgut

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