«Der Bundesrat hat die Gastrobranche schlichtweg vergessen»
Während GastroSuisse eine Lockerung präsentiert, schweigt der Bundesrat. Die Branchenvertreter sind enttäuscht.
VICTOR KÄLIN
Der Bundesrat hat am Donnerstag das Konzept für den geplanten Ausstieg aus dem Corona- Lockdown bekanntgegeben. Zum Zeitpunkt der Wiedereröffnung der gastronomischen Unternehmen hat er sich jedoch nicht geäussert. Die Branche bleibt weiterhin im Ungewissen.
Der Dachverband GastroSuisse zeigt sich sehr enttäuscht. Vor allem auf Unverständnis stösst, dass der Bundesrat der Gastronomie noch keine Perspektive gibt – im Gegensatz zu anderen Branchen. «Wir haben immer betont, dass es Aufgabe des Bundesrates ist, den Zeitpunkt der Wiedereröffnung zu bestimmen», stellt GastroSuisse- Präsident Casimir Platzer fest. «Mit der Nicht-Kommunikation lässt uns der Bundesrat jedoch völlig im Ungewissen und ohne Perspektive», kritisiert er die bundesrätliche Kommunikation.
«Lockerung ist realistisch» Die Gesundheit der Bevölkerung ist auch dem Gastgewerbe ein zentrales Anliegen. «Unseres Erachtens wäre eine Lockerung des gastgewerblichen Stillstands unter Einhaltung strenger Schutzmassnahmen durchaus realistisch», hält Platzer fest. «Unser Vorschlag, den wir dem Bundesrat vorgelegt haben, sieht beispielsweise vor, dass wir die Anzahl Gäste pro Quadratmeter limitieren. Zudem braucht es einen Mindestabstand zwischen den Tischen und eine Schutzmaskenpflicht mindestens hinter den Kulissen. Im Service sollen nur dann Masken getragen werden, wenn die Distanzregeln nicht eingehalten werden können. Alternativ kann man an der Theke oder an einem Beistelltisch servieren.» GastroSuisse fordert den Bundesrat deshalb auf, eine rasche Rückkehr in den Betriebsmodus auch für das Gastgewerbe in Betracht zu ziehen. «Wenn der Bundesrat die Öffnung der gastgewerblichen Betriebe weiter hinauszögert, müssen wir damit rechnen, dass eine sehr hohe Zahl von Betrieben endgültig geschlossen bleiben und Konkurs anmelden müssen», stellt Casimir Platzer fest.
«Lieber schon am 11. Mai» Auch Marco Heinzer, Präsident von GastroSchwyz, und Gastgeber im Landgasthof Seeblick Gross, zeigt sich vom Bundesrat enttäuscht: «Er hat schlichtweg die Gastronomie vergessen. » Grundsätzlich mache der Bundesrat einen guten Job, urteilt Heinzer. «Aber am Donnerstag ist es für viele nicht wie erwünscht ausgefallen. Das Schweigen zur Gastrobranche hat sehr viel Frust hervorgebracht. Wir hätten gerne Planungssicherheit, Fakten und Daten, ab wann wir unsere Betriebe wieder hochfahren können. Auch für unsere Mitarbeiter ist das wichtig.» Womit rechnen Sie als Präsident GastroSchwyz: Wann können die Restaurants wieder geöffnet werden?
Momentan rechne ich mit dem 8. Juni. Wobei ich natürlich einen früheren Einstieg begrüssen würde. Aber wir müssen unseren Gäste Vertrauen schenken, um sie überhaupt wieder in unsere Betriebe zu bekommen. Darum gelten unverändert die Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).
Unser Verband hat ja bereits am 13. April ein Konzept dem Bundesrat vorgestellt für die Rückkehr nach dem Lockdown. Also wir sind bereit! Welche Lösung schlagen Sie vor für eine Öffnung der Gastrobetriebe?
Ich unterstütze den von Gastro- Suisse ausgearbeiteten Plan. Gemäss diesem könnten wir unsere Betriebe sofort wieder öffnen – unter Einhaltung der BAG-Vorschriften. Aber das ist derzeit unrealistisch. Sobald die Fallzahlen konstant sind und sinken, sollte es möglich sein, auch Restaurants und Hotels wieder zu öffnen. Wir könnten auch leben mit einer Öffnung per 11. Mai. Wie sieht es im Kanton Schwyz aus? Haben Sie Kenntnis von Konkursen von Verbandsmitgliedern?
Zum Glück habe ich noch keine Kenntnisse. Aber wir müssen sehen: Wenn der Lockdown noch länger dauert, wird es sicher sehr viele geben. Ich sehe nicht in die Buchhaltung unserer Mitglieder. Ein Mitglied hat sein Vertrag per sofort aufgelöst mit dem Vermieter.
Wie ist die Stimmung?
Ungewiss, ratlos und ohne Plan. Wir haben keine Perspektive und sind traurig. Wir haben keine Kontakte, das soziale Leben in den Dörfern ist tot. Das ist traurig und zum Teil trostlos. Was kann der Gastro-Verband auf Stufe Bund oder hier im Kanton Schwyz unternehmen? GastroSuisse hat beim Bund unsere Standards und Empfehlungen für sinnvolle Lockerungsmassnahmen eingebracht und auch aufgezeigt, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.
Im Kanton sehen wir uns hauptsächlich in der Verantwortung, unsere Mitglieder immer zu informieren und zu betreuen. Wir bleiben im steten Kontakt mit GastroSuisse und der Regierung. Wir kämpfen für unsere Branche und unsere Mitarbeiter. Ist Gastro Schwyz zum Beispiel bei der Schwyzer Regierung schon vorstellig geworden? Unser gut organisierter Verband hat schon längst einen guten Draht zur Regierung und nach Bern. Wir wurden auch eingeladen an den runden Tisch für ein Hilfspaket der Schwyzer Regierung. Und wir tauschen uns regelmässig aus bei wirtschaftlichen sowie Branchennahen Angelegenheiten.
Auch habe ich Regierungsräte und Bundesparlamentarier angeschrieben und ich hoffe, sie vergessen unsere Branche nicht. Auch Nationalrat Alois Gmür – er präsidiert die parlamentarische Gruppe Gastgewerbe in Bern – hat Post von mir erhalten. Wir sind dabei. Wir unternehmen alles Mögliche für unsere Mitglieder und Betriebe und schlussendlich auch für unsere Gäste – nur entscheiden tun andere.
«Auch für unsere Mitarbeiter ist das wichtig.»
Marco Heinzer, Präsident GastroSchwyz
«Der Bundesrat lässt uns völlig im Ungewissen.»
Casimir Platzer, Präsident GastroSuisse
«Entscheiden tun andere»: Marco Heinzer ist nicht nur Präsident von GastroSchwyz, sondern auch Koch und Wirt. Foto: Archiv EA