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«Schnelle Entscheidungen und viele Diskussionen»

«Schnelle Entscheidungen und viele Diskussionen» «Schnelle Entscheidungen und viele Diskussionen»

Die Einsiedler Beachsoccer- Spielerin und Personal Trainerin Sandra Kälin erinnert sich an ihr jähes Ferienende in Thailand und die anschliessende abenteuerliche Heimreise, die alles andere als angenehm war.

FRANZ FELDMANN

Eigentlich habe ich Ferien in Thailand gebucht, um einmal so richtig herunterzufahren», sagt die Beachsoccer-Nationalspielerin Sandra Kälin. Sie sitzt am Zürichsee und lässt sich ihr dramatisches Ende des Urlaubs noch einmal durch den Kopf gehen. Vor dem Urlaub war sie viel unterwegs gewesen. Als Personal Trainerin, mit der Beachsoccer- Nati, mit der Fussballmannschaft. So wollte sie einfach einmal in einem Hotel am Strand ausspannen und während zweieinhalb Wochen das Nichts-Tun geniessen. «Meine Generation, die nie etwas Derartiges erlebt hat, konnte sich gar nicht vorstellen, dass irgendwann einmal kein Flieger mehr fliegen würde, dass praktisch alles stillstehen könnte», resümiert die Einsiedlerin nachdenklich. Bis anhin sei immer alles möglich gewesen. So hatten sie und ihre Reisepartnerin trotz Zeichen der angehenden Corona-Krise den Flieger nach Thailand bestiegen und in Ko Lanta im Süden Thailands Quartier bezogen. «Wir wussten, dass wir vorsichtig sein müssen. » Den letzten Flieger noch erwischen Die Idylle nahm ein jähes Ende, als auch zu den beiden jungen Damen die Kunde durchgedrungen war, dass am folgenden Morgen um halb zehn Uhr der letzte Flieger der Emirates aus Phuket abfliegen würde, alle anderen Flüge gestrichen worden waren. «Nachts um zehn Uhr mussten wir also innert Minuten eine Entscheidung fällen», erinnert sich die 32-Jährige. Es gab also kein Abwarten und Däumchen drehen mehr, die Entscheidung fiel schnell. Aber wie mitten in der Nacht von einer Insel weg? Es musste eine Privatfähre sowie ein Privatfahrer organisiert werden. Mit dem Fahrer war schnell alles abgemacht, doch zum fixierten Zeitpunkt erschien dieser nicht. So klopften sie bei ihm zu Hause an. Die Frau des Fahrers musste diesen wecken. Jener fuhr mit den beiden ab, doch die Fahrt wurde zum Horror. Mit einem völlig übermüdeten und unmotivierten Fahrer gings bis nach Phuket.

Chaotische Anfahrt «Ich hatte Angst, dass der Fahrer uns in einen Graben fährt.» Das passierte nicht. Um halb fünf Uhr am Morgen wurde der Flughafen Phuket erreicht, in der Erwartung, dass jetzt alles gut sei. Zumal die beiden schon sehr früh da waren. Weit gefehlt. Die Abflughalle war total überfüllt mit Menschen, die sich teilweise um Tickets prügelten. Die Warteschlangen waren hoffnungslos lang. Eine rasche Lösung musste erneut her, denn die Wartelisten aller verbliebenen Fluggesellschaften waren ebenfalls überfüllt. Die Preise für ein Ticket stiegen ins Unermessliche, bis zu 5000 Franken pro Platz. Übers Internet fand Kälin einen Flug mit Aeroflot via Moskau nach Genf und buchte zwei Plätze zu einem fairen Preis. Kurz darauf war auch dieser Flug ausverkauft. So weit, so gut.

Probleme mit dem Pass Da die Begleitung von Kälin einen österreichischen Pass besass, begannen die Probleme erneut. Denn mit diesem Papier hätte die Reisepartnerin nicht mehr in Genf einreisen dürfen. Immerhin schafften es die beiden, in den Flieger nach Moskau einzusteigen und dort auch zu landen. Übermüdet konnten sie in der russischen Hauptstadt ein paar wenige Stunden schlafen. «Wir sind total erschöpft in Moskau angekommen», so Kälin.

Beim Check-in in den Flieger nach Genf hiess es klar und deutlich «Njet» für die österreichische Begleitung. Nur Schweizer und französische Pässe waren zugelassen. Kälin wollte ihre Begleiterin nicht alleine in Moskau lassen. Diese erlitt ob der restriktiven Bestimmungen und dem drohenden Feststecken in Russland einen Zusammenbruch. Die österreichische Botschaft wurde angerufen, diese reagierte prompt innerhalb weniger Minuten. So konnten die beiden zum Gate und wollten einsteigen. Erneut gabs kein Durchkommen. Nach langen Diskussionen, am Ende ihrer Kräfte und mit ein paar Tricks schafften es die beiden doch noch, in den fast leeren Flieger einsteigen zu können.

In Genf angekommen, fühlte sich Kälin wie im Krieg. Die Leute wurden am Zoll je nach Pass separiert. Die Begleiterin hätte mit ihrem Pass eigentlich nicht in die Schweiz einreisen können, was nötig war, denn ihr Auto stand ja bei Sandra Kälin in der Schweiz. Sie hatten Glück. Der Zöllner zeigte nach gutem Zureden Verständnis für die Situation und liess die beiden durch. «Wir konnten unsere Odyssee noch immer fast nicht glauben, als wir in Genf im Zug sassen.» Im Anschluss gabs für Kälin nur eines: Erneut versuchen, runterzufahren und «all die Stress-Hormone in meinem Körper wieder herausbringen». So begab sie sich zehn Tage in Selbstquarantäne, um sicherzugehen, dass sie das Virus nicht von Asien in die Schweiz eingeschleppt hatte.

Wie es mit ihrer Fussballkarriere in diesem Sommer weitergeht, weiss Sandra Kälin wie viele andere Sportler auch nicht. Eben erst wäre die Meisterschaft angelaufen. Sie spielt als ehemalige NLA-Spielerin in Wädenswil mit den Männern bei den Senioren 30+ mit. «Das Einzige, was momentan läuft, ist der Mannschafts-Chat», lacht sie.

Und im Beachsoccer? Auch dieses Jahr ist in Nazaré in Portugal der Euro Beach Soccer Cup vom 20. bis 25. Juni geplant, die inoffiziellen Europameisterschaften der Frauen. Diesen Wettbewerb beendeten die Schweizerinnen im letzten Jahr nach einem knappen 6:5-Sieg gegen England auf dem dritten Platz. Bis anhin wurde dieser Anlass noch nicht abgesagt.

Nach einer nervenaufreibenden Heimkehr von ihren Ferien ist Sandra Kälin wieder mitten im Alltag angekommen.

Foto: Franz Feldmann

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