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Parallelen zwischen dem «Schwarzen Tanner» und der Zeit von Corona

Eine 3. Gymnasialklasse der Kantonsschule Ausserschwyz KSA hat Parallelen zwischen Meinrad Inglins «Schwarzem Tanner» und der heutigen Covid-19-Situation herausgearbeitet und eine Kolumne verfasst.

EA. Im Corona-Fernunterricht hat Gymnasiallehrer Beat Hüppin mit seiner Deutschklasse Meinrad Inglins «Schwarzen Tanner » behandelt und sie eine Kolumne schreiben lassen, in der die Parallelen zwischen Inglins Text und der heutigen Situation in der Schweiz herausgearbeitet werden sollten. Der Einsiedler Anzeiger publiziert nachfolgend den Text von Pascal Zehnder aus Einsiedeln.

Inglins «Schwarzer Tanner» in Zeiten von COVID-19 «Im Jahre 1941 tobt jenseits der Landesgrenzen der Schweiz der Zweite Weltkrieg. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln aus dem Ausland ist nicht mehr gesichert. Darum veranlasst der spätere Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen, möglichst viel Wiesland in Ackerland umzuwandeln. Auch der Hauptprotagonist Kaspar Tanner müsste dieser Weisung Folge leisten. Doch im Verlaufe der Geschichte wehrt sich der eigensinnige Bergbauer vehement gegen seine Verpflichtungen. Mahnungen und Bussen verbrennt er im Feuer, Beamte vertreibt er zornig von seinem Grund und Boden. Schlussendlich wird er verhaftet.

Parallelen zur heutigen Zeit So gipfeln die Ereignisse rund um den schwarzen Tanner in der gleichnamigen Novelle des Schwyzer Autors Meinrad Inglin. Obwohl der Text im Jahre 1947 publiziert wurde, kann man einige Parallelen zur jetzigen Situation ziehen. In der Erzählung wird immer wieder klar, dass Kaspar Tanner seine Freiheitsrechte über die Solidarität zu seinen Mitmenschen stellt. Er weigert sich, Gerste oder Kartoffeln auf seinen Bergwiesen anzubauen, obwohl diese Lebensmittel dringend benötigt werden.

Auch momentan wird unsere Kooperation mehr benötigt denn je. Zu Hause zu bleiben und die sonnigen Tage allein oder mit der Familie auf dem Balkon zu geniessen statt im Ferienhaus im Tessin. Solidarität ist in diesen Tagen oberstes Gebot. Dafür leidet unsere Freiheit.

Und auch wenn Kaspar Tanner in der Novelle sich mit dem Argument zu verteidigen versucht, dass noch nie jemand auf die Idee gekommen ist, ihm vorzuschreiben, wie er seinen Hof zu bewirtschaften hat, ist diese Einstellung in solch einer Situation genau die falsche. Tanner könnte sich bei einer Hungersnot immer noch selbst versorgen. Er denkt, ihn betreffe die missliche Situation nicht, in der sich die Schweiz befindet. Und genau so denken auch viele Menschen heute. ‹Ich gehöre nicht zur Risikogruppe, mir kann dieses Virus nichts anhaben›, hört man immer wieder Menschen sagen. Und das mag vielleicht sogar stimmen. Doch wenn sie sich trotzdem anstecken, stellen sie ein willkommenes Sprungbrett für das Virus dar, sich weiter zu verbreiten. Sie besetzen Krankenbetten, die für schwerere Verläufe dringend gebraucht werden, und belasten somit unnötig das Gesundheitssystem. Menschen, die der Risikogruppe angehören, sind auf unsere Mithilfe angewiesen, und das sind in der Schweiz nicht wenige. Beispielsweise etwa 1,6 Millionen Menschen, die über 65 Jahre alt sind. Nicht zu vergessen auch viele Tausend Menschen mit Vorerkrankungen.

Schwarz wie Schwarzhandel

Ähnlich kann man eine andere Situation in der Novelle betrachten. Durch die Verknappung von Futterwiesen für Kühe werden auch Milch, Butter, Käse und so weiter knapper. Darum wird vom Bund verordnet, diese Produkte zu rationieren. Auch daran hält sich der schwarze Tanner nicht. Im Gegenteil, er betreibt mit seinen Produkten Schwarzhandel (daher auch sein Name).

Glücklicherweise leben wir in einer Zeit, in der die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert ist. Trotzdem konnte man in den Medien immer wieder lesen, wie Migros, Coop und Co. teilweise leergekauft worden waren. ‹Kein Problem›, denkt man sich, ‹die Regale sind morgen wieder aufgefüllt.› Hier vergisst man aber die Menschen, die an diesem Tag vielleicht genau diese Produkte benötigt hätten und nun vor leeren Regalen stehen.

Notwendige Massnahmen

Zu guter Letzt kann man gerade die Situation in den letzten Tagen und besonders auch im Hinblick auf die soeben zu Ende gegangenen Ostertage mit der Verhaftung Tanners vergleichen. Die Polizeipräsenz in der ganzen Schweiz hat stark zugenommen. Bussen bei grossen Menschenansammlungen. Am Gotthard wurden Autos kontrolliert, um Personen von der Reise ins Tessin abzuhalten, auch der Zugang ins Alpsteingebiet wurde zeitweise gesperrt. Die Massnahmen des Bundes werden von der Polizei kontrolliert und gegebenenfalls durchgesetzt. Und wie auch in der Novelle sind solche Massnahmen leider nötig, weil es immer wieder Menschen wie Kaspar Tanner gibt, die sich nicht an die Regeln halten. Er schwamm gegen den Strom und bezahlte dafür den Preis. Als er aus dem Gefängnis kam, traute er sich erst im Dunkeln durch das Dorf, weil er sich so schämte.

Zum Schluss bitte ich Sie, halten Sie sich an die Empfehlungen des Bundes, helfen Sie Leben zu retten, sodass wir unsere Freiheit sobald wie möglich wieder zurückerhalten, denn wir alle streben nach ihr, wie es auch der schwarze Tanner tat.»

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