Motion Rösti wird Gesetz – Entlastung in Unteriberg ist denkbar
Bringt die Bundespolitik Bewegung in die ökologischen Auflagen für die Etzelwerk-Konzession? Die SBB schliessen eine Reduktion der Massnahmen jedenfalls nicht aus.
VICTOR KÄLIN
Seit die SBB im Februar 2018 bekannt gegeben haben, wie sie im Rahmen der Neukonzessionierung die gesetzlichen ökologischen Auflagen mit Ersatzmassnahmen erfüllen wollen (EA 16/18), stösst die 2016 eingereichte Motion von SVP-Nationalrat Albert Rösti vor allem in unserer Region auf erhöhte Aufmerksamkeit (siehe Box). Der Auftrag ist erst erteilt – aber noch nicht ausgeführt Nachdem in einem wahren Abstimmungskrimi der Nationalrat als Zweitrat im Dezember des Vorjahres die Motion Rösti erheblich erklärt hat, konnte die Vorlage dem Referendum unterbreitet werden. Dieses ist per 9. April unbenutzt verstrichen; es gab auch keinen Antrag auf Fristerstreckung. Damit wird die Motion zu einem verbindlichen Auftrag.
Derzeit allerdings ist das Gesetz samt Ausführungsbestimmungen weder ausgearbeitet noch in Kraft, geschweige denn ist bekannt, wie sich dieses auf anstehende Konzessionsvergaben und -Erneuerungen auswirken wird – wie zum Beispiel auf den neuen Etzelwerkvertrag. Dieser Ungewissheit begegnen die SBB mit einem parallelen Vorgehen.
Als designierte Konzessionsnehmerin planen die SBB die Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen einerseits auf Basis der heute geltenden Gesetze. Auch für sie ist derzeit unklar, welchen Einfluss eine Gesetzesanpassung auf die Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen für die Neukonzessionierung des Etzelwerkes haben könnte. Es ist die Aufgabe des Bundesrates, in den Ausführungsbestimmungen zu definieren, sowie festzulegen, ob und wie das Gesetz bei aktuell laufenden Konzessionsverfahren angewendet und umgesetzt werden soll. «Solange dies nicht bekannt ist, müssen sich die SBB bei ihrer Planung an die aktuelle Gesetzgebung halten», erklärte deren Medienstelle gestern auf Anfrage.
Verzögerungen vermeiden
Um jedoch Verzögerungen im Verfahren zu verhindern, erarbeiten die SBB parallel zwei Varianten für die Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen. Eine nach aktueller Gesetzgebung und eine zweite, die zum Zug kommt, sollte die Gesetzesanpassung des Wasserrechts noch vor der Vergabe der Konzession rechtskräftig werden.
In diesem Eventualantrag sind dann nur noch jene Ausgleichsund Ersatzmassnahmen enthalten, die aufgrund der Gesetzesanpassung noch nötig wären. Gewissheit haben auch die SBB nicht; sie nehmen jedoch an, dass in diesem Fall die Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen reduziert würden.
Komplett wegfallen dürften sie aber nicht, wie die Medienstelle weiter schreibt: Die geplante Sanierung der Minster muss beispielsweise auch bei einer Annahme der Motion Rösti umgesetzt werden. Denn der Bund verpflichtet die Kantone mit dem 2011 geänderten Gewässerschutzgesetz, ihre Gewässer zu revitalisieren, das heisst ihren natürlichen Flusslauf wiederherzustellen. Da die SBB Eigentümerin des betreffenden Minsterabschnitts ist, muss sie die Revitalisierung umsetzen.
Beim benachbarten Breitried hingegen erwarten die Bundesbahnen eine Entlastung: Die in der anderen Variante vorgesehene Regeneration des Breitrieds würde nach Einschätzung der SBB «aber grösstenteils wegfallen».
Von der Regeneration des Moores sowie der Revitalisierung der Minster sind mehr als 30 Hektaren Landwirtschaftsland und gegen 60 Bewirtschafter betroffen. Die Hauptlast der Ausgleichsmassnahmen tragen die Bauern aus Unteriberg und Euthal. Nicht nur Etzelwerk betroffen
Im Kanton Schwyz könnten zwei Betreiber von Wasserkraftwerken von gelockerten Umweltauflagen profitieren: Neben dem Etzelwerk auch das Elektrizitätswerk des Bezirks Schwyz (ebs Energie AG), welches die Muota zur Stromerzeugung nutzt. Beide Werke wollen ihre Konzession um weitere 80 Jahre erneuern.
«Gegenüber der alten Rechtsgrundlage würden rund zwei Drittel der wasserbezogenen und etwa die Hälfte der landschaftlichen Ersatzmassnahmen wegfallen », rechnet EBS-Direktor Hans Bless die sich ändernden Rahmenbedingungen vor. Der im Februar 2019 eingereichte Konzessionsantrag basiert noch auf den alten Bedingungen. «Sämtliche Einsprachen von Privatpersonen gegen die Konzessionserneuerung der Muotakraftwerke konnten wir auf dem Verhandlungsweg bereinigen», erklärte ebs-Direktor Hans Bless gegenüber dem «Bote der Urschweiz». Geblieben sei noch die Einsprache des WWF, welche auch von Pro Natura und Aqua Viva unterzeichnet ist.
Wenn es irgendwo eine Entlastung gibt, dann dürfte das bei der Regeneration des Moores im Breitried sein.
SBB bereiten sich gleichzeitig auf beide Szenarien vor.
Mit alter oder neuer Gesetzgebung: Um die hier visualisierte Revitalisierung der Minster dürften die SBB nicht herumkommen. Foto: Archiv EA