«Man fühlt sich einfach sicherer»
Die Erde ist in Zeiten von Corona wieder zur Scheibe geworden. Die Rede ist von den zahlreichen Plexiglas- beziehungsweise Acrylscheiben, die fast in jedem geöffneten Laden in Einsiedeln den Publikumskontakt zwischen Kunden und Verkäufer neu etablieren. Hygienischer vor allem.
WOLFGANG HOLZ
Fast wie ein durchsichtiges Cockpit, ja fast wie ein Mini-Flugzeugtower sehen die Glasscheiben aus, welche in der Einsiedler Apotheke Drogerie im Migros-Center die Kasse im Eingangsbereich mannshoch umstellen. Die Apotheken- Angestellten bedienen von hier aus teils zu zweit die Kunden hinter der Scheibe. Am unteren Ende gibt es sogar kleine Durchreichen.
Schutz auf beiden Seiten
«Man fühlt sich in Zeiten von Corona einfach sicherer», sagt die Auszubildende Julia Kessler und reicht dem Kunden ein Desinfektionsgel durch den Schlitz. Und zwar böte die Glasscheibe einen Schutz für beide – für Kunde und für Angestellte. »Allerdings hat man durch die Scheibe weniger Kontakt zum Kunden.» Zudem müsse man konzentrierter arbeiten, weil die Akustik in dem Scheibenkranz nicht so gut sei. «Ich freue mich schon ein bisschen, wenn diese Scheiben wieder wegkommen », meint Julia Kessler.
Irgendwie stellt das Coronavirus nicht nur die Welt vor grosse Gesundheitsprobleme. In Sachen Hygieneprävention erlebt man derzeit ein kommunikationstechnisches Déjà-Vu. Denn haben in den letzten Jahren fast alle Firmen und Unternehmen, die Publikumsverkehr pflegen, Anstrengungen unternommen, um Barrieren zwischen Kunde und Ladenangestellten abzubauen, werden jetzt wieder Schranken hochgezogen.
Sprich: Durchsichtige Scheiben werden überall errichtet. Eine Art Spuckschutz und Niesbarriere. Wer bis jetzt die gute, alte Post in den Filialen ob ihrer hermetischen, scheinbar allzu kundenunfreundlichen Rundum- Glasscheibenabschirmung belächelte, muss in Zeiten von Corona einfach den Hut ziehen. Mehr Schutz zwischen Kunde und Verkäufer geht fast gar nicht. Mehrmals pro Tag gereinigt
Auch in der Einsiedler Migros-Filiale an der Eisenbahnstrasse gibt’s neuerdings Glasscheiben an der Kasse, um die Angestellten vor Corona-Ansteckungen zu schützen. «Ich bin froh, dass die Scheibe einen gewissen Schutz bietet», sagt Manuela Ghilen, Leiterin Kasse. Wobei die kleinen, durchsichtigen Scheiben fast wie Schutzschilde von «Anti- Corona-Kreuzrittern» aussehen. Mehr Distanz zu ihren Kunden und Kundinnen empfindet sie deshalb nicht.
«Wir reinigen die Scheiben zwei- bis viermal pro Tag mit Desinfektionsmittel», versichert Ghilen. Aus ihrer Sicht braucht es solche Scheiben nicht dauerhaft, um sich nach Corona generell gegen ansteckende Krankheiten zu schützen. «Ich arbeite jetzt schon 26 Jahre lang bei der Migros. Normalerweise reichen unsere Abwehrkräfte im Winter, um Ansteckungen zu vermeiden. » Selbst in der Einsiedler Raiffeisenbank- Filiale glänzen an Schaltern mit Publikumsverkehr inzwischen Kunststoffglasscheiben, um Vorsorge gegen Erregerübertragung zu treffen. Hinter der Scheibe lächelt einen freundlich Corinne Kälin an. «Ich fühle mich sicherer hinter der Scheibe. Auch die Kunden findens gut», sagt die Mutter von drei Kindern. Was die Verständigung zwischen Kunden und Bankangestellten betrifft, gebe es auch keine Probleme, so Kälin. Man könne sich ja gut sehen und hören. Auch in der Raiffeisenbank werde die Trennscheibe mehrmals am Tag mit Desinfektionsmittel gereinigt. «Allerdings braucht der Kundenverkehr durch die Scheibe etwas mehr Zeit, weil man beispielsweise Aufträge wie Einzahlungen oder Auszahlungen manchmal nicht immer sofort erledigen kann», sagt Corinne Kälin. «Alles geht eben ein bisschen langsamer.»
«Alles geht ein bisschen langsamer.»
Corinne Kälin, Raiffeisenbank
Alle drei hinter Glas (von links): Julia Kessler, Manuela Ghilen und Corinne Kälin. Fotos: Wolfgang Holz