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«Ich mag es, wenn etwas läuft»

«Ich mag es, wenn etwas läuft» «Ich mag es, wenn etwas läuft»

Interview mit Einsiedelns Handballerin Jacqueline Hasler, die jüngst ihre Karriere beendet hat

Jahrelang hat sie erfolgreich Handball gespielt – für den HC Einsiedeln, für den LK Zug und sogar für die Schweizer Nati: Jacqueline Hasler aus Einsiedeln. Nun hat sie ihre Karriere beendet. Im Interview erzählt die 32-Jährige, warum sie Handball so faszinierte. Und warum die Familie das Wichtigste für sie ist.

WOLFGANG HOLZ

Frau Hasler, der Handball wurde vor Wochen auch vom Coronavirus infiziert. Sprich: Die Saison des LK Zug musste jäh beendet werden. Hat Sie das gewurmt? Ja, sehr. Das Team und ich waren in guter Form, und wir hätten gute Chancen für den Titel gehabt. Wir haben in den letzten drei Spielen unsere drei Konkurrenten besiegt. Aber was wäre wenn nützt nichts, und das Leben geht weiter.

Sie haben danach Ihren Rücktritt als aktive Handballerin bekanntgegeben. Hätten Sie auch ohne Corona nach dieser Spielzeit aufgehört?

Ich habe den Rücktritt bereits vorher bekanntgegeben. Die Pressemitteilung erschien Mitte März. Dass der Rücktritt aber so schnell Tatsache wird, habe ich nicht gedacht. Sind Sie traurig, nach 28 Jahren nun nicht mehr Handball zu spielen? Ich bin traurig, dass ein grosser und wichtiger Bestandteil in meinem Leben nun fehlt, aber auch froh über die neu gewonnene Zeit.

Was hat Ihnen beim Handball am meisten Spass gemacht?

Einerseits dass es ein Teamsport ist, andererseits vereinigt dieser Sport Kraft, Schnelligkeit und Spielwitz. Ich mag viele Ballsportarten, aber keine hat mich je so gepackt wie Handball.

Handball gilt ja als rauer, ruppiger Sport mit viel Körperkontakt. Viele Mädchen spielen deshalb lieber Volleyball. Sind Sie hart im Nehmen? Ich denke, dass ich einiges einstecken kann. Blaue Flecken oder Kratzer hatte ich immer irgendwo.

Ihr Bruder war ebenfalls erfolgreicher Handballspieler. Hat er Ihren Ehrgeiz angestachelt? Da ich stets mit Freude Handball gespielt habe, hat ihn dies sicherlich motiviert, diesen Sport ebenfalls zu probieren. Später haben wir uns gegenseitig motiviert und gepusht. Es war schön, jemanden in der Familie zu haben, der den gleichen Weg eingeschlagen hat. Als Rückraumschützin mussten Sie ja immer hart, platziert und schnell werfen können. Hatten Sie einen Trick, wie Sie erfolgreich Tore geworfen haben oder hatten Sie immer ein spezielles Toreck im Visier?

Viele Rückraumspielerinnen sind grösser als ich. Ich habe die Tore also eher mit meiner Schnelligkeit und schnellen Durchbrüchen geschossen. Sie haben ja Tausende von Toren erzielt. Gibt es welche, die Ihnen manchmal im Traum erscheinen?

Nein, ich kann mich nicht an einzelne Tore erinnern. Resultate waren mir wichtiger als einzelne Tore.

Sie haben beim Handballclub Einsiedeln begonnen, Ihre grössten Vereinserfolge aber mit dem LK Zug gefeiert. Welche waren denn Ihre wichtigsten Siege?

Die wichtigsten Siege waren die zwei Meistertitel. Aber jeder Sieg macht Spass und ist Lohn für die harte Arbeit. Sie sind einige Jahre zwischen Einsiedeln und Zug gependelt. Welche Unterschiede sind Ihnen zwischen den beiden Orten aufgefallen? Ich habe mich an beiden Orten immer sehr wohl gefühlt. Natürlich ist in der Stadt Zug alles grösser als im Dorf Einsiedeln. Einsiedeln hat schon in vielen Disziplinen hervorragende Sportlerinnen und Sportler hervorgebracht hat, nicht nur im Wintersport. Liegt dies aus Ihrer Sicht am ländlichen Charakter der Gegend, der viele zum Sporttreiben animiert, oder gibt es so etwas wie ein Einsiedler- Sport-Gen? Weder noch. Ich denke, dass jede Person mit dem nötigen Talent, Willen und Ehrgeiz ein guter Sportler werden kann und dies unabhängig vom Wohnort möglich ist. Sie persönlich haben sogar in der Handball-Nati 35-mal gespielt und dabei 101 Tore erzielt. Sind Nati-Spiele das Höchste der Gefühle? Jedes Mal, wenn die Nationalhymne ertönte, hatte ich Gänsehaut. Sicherlich ist dies etwas vom Höchsten, was ein Sportler erreichen kann. Meisterschaftsoder Cup-Finalspiele sind allerdings auch sehr speziell. Wenn es etwas zu gewinnen gibt, ist immer ein grosser Nervenkitzel da.

Was war Ihre schmerzlichste sportliche Niederlage? Ich stand fünf Mal im Cupfinal und habe leider nie gewonnen. Mit 32 Jahren sind Sie eine echte Action-Frau: Sie haben bis vor Kurzem aktiven Leistungssport betrieben. Sie haben einen Mann und drei Kinder und einen Teilzeitjob. Wie bringen Sie das alles auf die Reihe?

Unsere Wochen sind gut geplant. Ich mag es, wenn etwas läuft. Bei mir kommt ansonsten schnell Langeweile auf. Was gibt Ihnen Ihre Familie?

Meine Familie ist das Wichtigste für mich. Ihnen war egal, ob ich gewonnen oder verloren haben, sie waren immer stolz auf mich. Das hat mich oft über eine schmerzliche Niederlage hinweggetröstet. Ich war immer überglücklich, wenn sie live vor Ort waren. Welchen Anteil tragen Ihre Eltern an Ihrem Erfolg? Den grössten Anteil überhaupt … Was sie für einen Aufwand für mich auf sich genommen haben, ist unglaublich. Wären sie nicht gewesen, wäre ich nicht dort, wo ich jetzt bin. Ich bin ihnen unendlich dankbar für alles! Haben Sie auch eine Schwäche, über die Sie nicht so gerne reden?

Meine Ungeduld.

Was hat Ihnen das Handballspielen beziehungsweise der Sport fürs Leben und für Ihre Persönlichkeit gegeben? Dass man mit Willen viel erreichen kann. Ausserdem bin ich belastbar, da ich schon immer viel unter einen Hut bringen musste. Was wünschen Sie sich nun am meisten für die Zukunft? Dass ich und meine ganze Familie gesund bleiben, und wir die neu gewonnene Freizeit geniessen können.

«Blaue Flecken oder Kratzer hatte ich immer irgendwo.» «Wenn es etwas zu gewinnen gibt, ist immer ein grosser Nervenkitzel da.»

Voll in Aktion: Mit dem LK Zug wurde die Rückraumspielerin Jacqueline Hasler aus Einsiedeln zweimal Schweizer Meisterin. Sie spielte auch 35-mal in der Nati. Fotos: zvg

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