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Rothenthurm wird eingeheizt

Rothenthurm wird eingeheizt Rothenthurm wird eingeheizt

Rothenthurm

2400-Einwohner- Gemeinde blickt auf ein gutes Jahr zurück – und voraus auf wichtige Investitionen

Im Hochmoor tut sich was: In Rothenthurm stehen zwei Bauprojekte auf der grünen Wiese an – und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft. Das eine soll der Gemeinde viel Wärme bescheren.

WOLFGANG HOLZ

Der Föhn fegt an diesem Wintermorgen übers Hochmoor und heizt die Gemeinde kostenlos auf 14 Grad auf – während es drunten im Tal gerade mal schlottrige 5 Grad hat. Wie aus einem gigantischen Heizrohr bläst der warme Wind durch das Voralpental. Nicht kostenlos, aber ebenfalls sehr natürlich soll künftig Rothenthurm neu beheizt werden – nämlich mit einem Holzschnitzelheizkraftwerk.

Bereits 35 Anmeldungen

«35 Anmeldungen von Beziehern der künftigen Fernwärme gibt es schon», sagt Stefan Beeler, Gemeindepräsident des 2400-Seelen- Orts im Hochmoor, und zeigt auf die ausgesteckten Bauprofile an der Landstrasse, in der Gewerbezone im Rittlisgatter. Für acht Millionen Franken plane die Oberallmeindkorporation (OAK) dort ein grosses Fernwärmenetz, erklärt er. Noch 2020 soll die erste Etappe realisiert werden. Damit soll künftig ein grösserer Teil Rothenthurms beheizt werden.

Eine geniale Idee – zumal der Rohstoff Holz in den umliegenden Wäldern der OAK en masse zur Verfügung steht. Alle Gemeindebauten sollen durch die Fernwärme versorgt werden, führt der SVP-Politiker weiter aus. «Das ist eine moderne und nachhaltige Nutzung», freut sich der 42-jährige Jurist, der nun schon im sechsten Jahr als Gemeindepräsident die Geschicke Rothenthurms mitverantwortet.

Was das künftige Fernwärmeholzschnitzelkraftwerk anbelangt, werden zunächst in der Gemeinde Leitungen mit einer Länge von rund zwei Kilometern verlegt. In einem zweiten Schritt könnte das Netz Richtung Oberdorf und später sogar Richtung 1. Altmatt verlängert werden. Ab der Heizperiode 2020/21 ist vorgesehen, dass die Wärme durch die Rohre bullert.

Ökologische Wärme Wobei die Wärme aus der OAK-Heizzentrale, welche die Gemeinde wie eine riesige Zentralheizung versorgen soll, auch sehr umweltfreundlich ist – werden doch die Abgase aus den verbrannten Waldhackschnitzeln, deren Energie an die Wärmebezüger in Form von heissem Wasser geliefert wird, gereinigt und entschwadet. Dadurch fallen praktisch keine Emissionen an.

Aber nicht nur energietechnisch entwickelt sich die auf 925 Meter hoch gelegene Gemeinde weiter. Sondern auch wirtschaftlich. Und zwar gleich gegenüber dem projektierten Heizkraftwerk, auf der anderen Seite der Landstrasse. «Da sich Rothenthurm aufgrund des geschützten Hochmoors im Norden so gut wie nicht mehr ausdehnen kann, sind wir froh über dieses Bauprojekt im Süden auf eigenem Gemeindeland», freut sich Stefan Beeler.

Neues Gewerbe auf der grünen Wiese

Genauer gesagt handelt es sich um 8000 Quadratmeter Land, das die Gemeinde im Baurecht hier für eine Wohngewerbenutzung mit drei bis vier Mehrfamilienhäusern und Gewerbegebäuden sowie einer Tiefgarage und einem Spielplatz abgibt. «Eine Autogarage und ein Autohandel werden an dieser Stelle expandieren können», sagt der Rothenthurmer Gemeindepräsident.

Er freut sich über die künftige Gewerbeansiedlung – denn Rothenthurm sei durch den Niedergang zweier Möbelfabriken wirtschaftlich stark gebeutelt worden.

«Wir haben dadurch rund 250 Arbeitsplätze verloren – diesen Verlust hat die Gemeinde bis heute nicht kompensieren können. » Eine Situation, die sich auch in der Tatsache widerspiegelt, dass Rothenthurm für 2020 ein Minus von 370’000 Franken budgetiert hat, mit 170 auf einem relativ grossen Steuerfuss lebt und sehr auf die 4,2 Millionen Franken aus dem innerkantonalen Finanzausgleich angewiesen ist.

Doch das Strassendorf ist wie ein Stehaufmännchen und lässt sich nicht unterkriegen. Im Gegenteil. Davon zeugt zum einen der Schulhausneubau direkt hinter der Gemeindeverwaltung. Im Juni 2020 wird er eingeweiht. Rund 70 Kindergärtler finden hier Platz. Sechs Millionen Franken kostet das neue Gebäude, für dessen Planung sich 50 Architekturbüros beworben hatten.

3,5 Millionen für 22 Betten Zum anderen will die Gemeinde im Altersheim St. Anna in Steinerberg mit einem finanziellen Beitrag von 3,5 Millionen Franken 2020 dafür sorgen, dass die Leistungsvereinbarung für die 22 Rothenthurmer Betten aufrechterhalten werden kann. Auch die Gemeinden Sattel und Steinerberg zahlen bekanntlich in den Betrieb des Alters- und Pflegeheims ein, das in Zukunft nicht mehr von den Schwestern der Anbeterinnen des Blutes Christi geführt wird. «Das Altersheim ist sehr wichtig für uns, weil wir ja keine Alterswohnungen im Ort haben », betont Beeler. Und sogar in Sachen geplanter Ortsumfahrung Rothenthurm, dem Dauerbrenner der Gemeinde, will Beeler «Gas geben» – nachdem man in den vergangenen Jahren bei der Planung des 1,5 Kilometer langen Tunnels zur Entlastung des Dorfzentrums zu sehr auf Sparflamme gekocht habe. «Die Bevölkerung leidet unter dem Zuwachs des Verkehrs, der sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt hat», bilanziert er. Zwar haben die Schülerlotsen und der Blitzkasten aus seiner Sicht die Sicherheit auf der Hauptstrasse verbessert – selbst wenn Zebrastreifen auf Anordnung des Kantons zur Erhaltung des Verkehrsflusses geopfert werden mussten.

Doch der Gemeindepräsident will durch die Einführung der Sonderkommission Umfahrung, in der Eltern, Gewerbetreibende, Vereinsvertreter und Ortsparteien an einem Tisch sitzen, einen Konsens herstellen, um das 1,5 Millionen Franken teure Vorprojekt endlich aufzugleisen. Illusionen über einen schnellen Bau der Umfahrung macht sich Beeler indes keine. «Vor 2045 wird die Eröffnung des Tunnels kaum möglich sein. Denn zehn Jahre wird wohl die Planung für den 170-Millionen-Tunnel in Anspruch nehmen – und neun Jahre der Bau.»

Die Bauprofile für das geplante Heizkraftwerk der Oberallmeindkorporation stehen schon. Noch 2020 soll die erste Etappe realisiert werden. Damit soll künftig ein grösserer Teil Rothenthurms beheizt werden.

Gewerbe und Mehrfamilienhäuser: Gemeindepräsident Stefan Beeler zeigt, wo neues Leben im Dorf entsteht.

Der Durchgangsverkehr belastet Rothenthurm immer mehr: Deshalb will der Gemeindepräsident auch bei der Planung der 1,5 Kilometer langen Umfahrung «Gas geben».

Fotos: Wolfgang Holz

«Die Bevölkerung leidet unter dem Zuwachs des Verkehrs, der sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt hat.»

Stefan Beeler, Gemeindepräsident Rothenthurm

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