«Wir können nicht gegen eine Gesinnung vorgehen»
Kürzlich trafen sich rund 100 Rechtsextreme oberhalb von Galgenen. Sicherheitsdirektor André Rüegsegger äussert sich dazu und stellt klar, dass die Behörden keineswegs nur «zuschauen». Das Treffen sei bereits präventiv beobachtet worden.
JOHANNA MÄCHLER
Unser Kanton fällt schweizweit auf wegen Rechtsextremen – dieses Jahr zum wiederholten Mal. Ist der Kanton Schwyz ein Hort für Nazis geworden? Nein, das können wir klar verneinen, auch wenn wir diese unappetitlichen Vorfälle zur Kenntnis nehmen müssen. Die Kantonsregierung, und ich glaube auch die Bevölkerung des Kantons Schwyz, wollen solche Aufmärsche im Kanton nicht. Zahlen vom Bund belegen jedoch, dass es im Bereich Extremismus im Kanton Schwyz glücklicherweise nur wenige Vorfälle gibt. Nichtsdestotrotz nehmen wir diese sehr ernst und prüfen jeweils eingehend, ob es eine rechtliche Handhabe gibt, dagegen vorgehen zu können. Doch diese Szene zeigt sich bei uns präsenter als in anderen Kantonen. Täuscht dieser Eindruck? Durch die landesweite Berichterstattung fällt leider ein schlechtes Licht auf den Kanton Schwyz. Wir haben 158’000 Einwohnerinnen und Einwohner, davon bewegt sich wohl nur ein kleiner Promillebereich rechts – oder auch links – am Rand der Gesellschaft und fällt so negativ auf. Ich kann nicht akzeptieren, dass dadurch die ganze Schwyzer Bevölkerung und der ganze Kanton so einseitig dargestellt und in ein schlechtes Licht gerückt werden. Was wissen Sie über diese Leute, die am ersten Wochenende im Dezember in Galgenen waren?
Einige von ihnen sind aktenkundig, wobei es aber vor allem Personen aus dem Ausland oder anderen Kantonen sind. Wenn wir Kenntnis erhalten, dass sich Rechtsextreme versammeln, wird je nach drohenden möglichen Rechtsverstössen die Sicherheit und Überwachung angepasst. Dazu schätzt die Polizei in Zusammenarbeit mit den zuständigen Organen des Bundes und anderer Kantone die Lage nach bestem Wissen und Gewissen ein. Die Polizei beruft sich auf die Gesetzeslage. Leute, die sich sorgen, begreifen aber nicht, warum die Polizei nur «zuschaut». Können Sie das erklären? Rechtlich gilt ein solcher Anlass als privat. Die Veranstalter brauchen somit keine Bewilligung. Ich verstehe Leute, die sich vor dem rechtsextremen Gedankengut fürchten, vielleicht ekeln. Aber wir können nicht gegen eine Gesinnung vorgehen, was ja grundsätzlich gut ist und unserem demokratischen Verständnis entspricht.
Die rechtliche Handhabe ist sehr schwierig, auch der Rassendiskriminierungsartikel des Bundes gibt darauf keine abschliessenden Antworten. Was aber völlig unzutreffend ist, ist die Unterstellung, die Polizei schaue bei solchen Vorfällen einfach nur zu. Das belegt die Tatsache, dass wir dieses Treffen zusammen mit dem Bund bereits im Vorfeld nachrichtendienstlich verfolgt und dann auch beobachtet haben. Kommentarspalten von Zeitungen wurden rege genutzt. Verfolgten Sie diese Diskussionen?
Ja, um mir ein Stimmungsbild aus der Bevölkerung zu machen. Es zeigt sich in diesen Kommentaren, wie stark sich die Themen Rechts – und auch Links – politisch instrumentalisieren lassen. Verschiedene Kommentare schaukeln sich dann gegenseitig hoch und führen zu gehässigen Auseinandersetzungen. Solche gesellschaftlichen Spaltungen bedaure ich.
Und einige rufen nach mehr Recht. Ist es Zeit, die rechtliche Handhabe anzupassen und wenn ja, hat der Kanton darin eine gewisse Autonomie? Gewisse Aussagen, Aufmärsche, Kundgebungen und Symbole ekeln auch mich an, und ich verstehe den Unmut der Bevölkerung. Auch dabei dürfen die staatlichen Behörden den Pfad des Rechtsstaates nicht verlassen und nur einschreiten, wenn konkrete Anzeichen vorliegen, dass es zu Gesetzesverstössen kommt. So lange dies nicht der Fall ist, dürfen die Behörden grundsätzlich nicht einschreiten. Ein Gesinnungsstrafrecht darf es in einer Demokratie nicht geben. Die Kantonspolizei wird bei einem allfälligen weiteren Fall einer solchen Zusammenkunft genau prüfen, ob sie präventiv dagegen vorgehen kann. Es stehen auch Aussagen im Raum wie: Die Rechtsradikalen können sich in unserem Kanton nur deshalb ausbreiten, weil Ihre Partei, die SVP, den Boden dafür bereitet hat.
Da verwehre ich mich strikt dagegen, und eine solche Aussage ist unhaltbar. Bedenkt man, dass unsere Partei, die grösste im Kanton, rund 1000 Mitglieder hat, aber der grösste Teil des Volkes – wie gesagt 158’000 Einwohner – politisch ungebunden ist, empfinde ich dies immer als höchst unsachliche Unterstellung. Die SVP-Mitglieder und -Sympathisanten sind rechtschaffene Bürger, die wollen mit einer radikal-rechten Gesinnung nichts zu tun haben. Zeigt doch gerade das Beispiel in Vorderthal mit dem Hitler- Post, dass es eben doch die «gewöhnlichen» SVP-ler sind, die sehr wohl radikale Tendenzen Natürlich ist es so, dass man niemandem in den Kopf schauen kann. Und dass es leider zwischendurch Leute gibt, die sich total verwerflich benehmen. Solche Leute widern uns alle an, und sie desavouieren bis zu einem gewissen Grad auch alle anständigen Parteimitglieder. Bei gravierenden Vorfällen erfolgt ein Ausschluss aus der Partei und diese distanziert sich davon.
Was empfehlen Sie Vermietern von Partylokalen? Grundsätzlich sind die Vermieter frei, an wen auch immer ihr Lokal auszumieten. Aber wir überlegen uns, wie wir gezielt vorgehen könnten, so dass ideologisch oder fundamentalistisch denkende grössere Gruppen in unserem Kanton nicht so einfach unterkommen.
«Der Kanton Schwyz ist kein Hort für Nazis.»
André Rüegsegger Regierungsrat
haben.