«Die Grünen hatten keinen Plan»
Marcel Dettling
Der Einsiedler Anzeiger hat Nationalrat Marcel Dettling mit einem Interview etwas über die Schultern geschaut, um mehr über die Bundesratswahlen zu erfahren.
VICTOR KÄLIN
Mindestens medial waren die Bundesratswahlen Thema Nummer 1 in Bern. Erlebten Sie das als Parlamentarier auch so? Die Bundesratswahlen haben sich mittlerweile zu einem Medienspektakel entwickelt. Überall wird versucht, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Politisch läuft alles viel ruhiger ab. Es war schon länger klar, dass bei diesen Wahlen nichts passieren wird. Die Frage war nur, wer wie gut abschneidet. Wie sah Ihre «Nacht der langen Messer», also der Vorabend der Wahlen, aus? Da es wie gesagt keine Anzeichen für ein Spektakel gab, ging ich zusammen mit Kollegen einen Jass klopfen. Auf dem Nachhauseweg schaute ich noch schnell im Bellevue vorbei. Da ich aber feststellen musste, dass mehr Journalisten als Politiker vor Ort waren, entschied ich mich relativ schnell für die Variante, schlafen zu gehen. So kam ich vor Mitternacht ins Bett.
zwei Bundesratssitze und die
Machte es in diesem Jahr einen Unterschied, dass keine einzige Demission vorgelegen ist? Das ist so. Da alle Amtierenden wieder antraten, war es eine ruhige Wahl. Abgesehen vom versuchten Angriff der Grünen. Die Ausgangslage etwas aufgemischt hat einzig Regula Rytz von den Grünen. Räumten Sie ihr je eine Chance ein? Nein. Denn die Grünen haben zu viele Fehler gemacht. Erstens haben sie lange gezögert, ob sie überhaupt antreten. Zweitens haben sie zu schnell nur auf den Vertreter des Tessins geschossen. Der Angriff richte sich nur gegen Bundesrat Cassis, war zu hören. Dies mussten sie kurze Zeit später wieder korrigieren. Leise wurde dann gesagt, der Angriff gelte im schlimmsten Fall auch Karin Keller-Sutter. Es zeigt: Die Grünen hatten keinen Plan, nutzten aber die mediale Aufmerksamkeit geschickt. Ist es angesichts des Wahlerfolges nicht Zeit für eine grüne Bundesrätin, einen grünen Bundesrat?
Falls sich der grüne Wahlerfolg in vier Jahren auf diesem Niveau bestätigt, werden wir diese Frage erneut beurteilen müssen – allerdings in einer Gesamtschau. Die Zauberformel, die seit 1959 in der Schweiz besteht, ist ein Erfolgsmodell und hat dem Land politische Stabilität und wirtschaftlichen Erfolg gebracht. Die drei grössten Parteien haben viertgrösste hat einen Sitz.
Oder soll man, um das Problem der Parteienzugehörigkeit zu lösen, den Bundesrat von 7 auf 9 Personen aufstocken, wie da und dort gefordert wird? Diese Idee aus dem linken Lager dient nur dem Machterhalt. Das unterstütze ich nicht. Die Kosten für dieses Spielchen wären immens. Zwei zusätzliche Bundesräte heisst zwei neue Mitarbeiterstäbe, Büros und so weiter. Millionenkosten ohne Mehrwert für die Demokratie. Was halten Sie von der Anregung Petra Gössis, den Turnus der Bundesratswahlen um zwei Jahre zu verschieben? Damit gäbe es zwischen den Ständerats- und Nationalratswahlen sowie den Bundesratswahlen mehr Zeit für eine Versachlichung der Diskussionen. Es geistern nun viele Varianten herum, was man alles verändern könnte. Aber noch einmal: Das bisherige System hat dem Land Stabilität und wirtschaftlichen Erfolg gebracht. Dies sollten wir bei all den Diskussionen immer im Hinterkopf behalten. Zur Unsitte geworden sind parteipolitisch motivierte vorzeitige Rücktritte. Soll man diese zeitlich einschränken? Oder gar die Ersatzwahl aufheben und die Departemente bis zur Gesamtwahl interimistisch leiten? Vorzeitige Rücktritte sollten meiner Meinung nach nur aus gesundheitlichen Gründen möglich sein. In letzter Zeit hat es immer mehr taktische Rücktritte gegeben. Dies ist keine gute Entwicklung. Mit Felix Albert Küchler kandidierte auch ein Einsiedler für die Wahl in den Bundesrat. Irrtum vorbehalten, hat ausser dem Einsiedler Anzeiger niemand Notiz von dessen Kandidatur genommen. Wussten Sie davon? Ich habe im Einsiedler Anzeiger davon gelesen. Aber es ist niemand auf mich zugekommen. Hat man als Parlamentarier überhaupt Kenntnis von allen Kandidaturen – also auch von unbekannten Quereinsteigern wie Küchler? Nein. Solche Kandidaturen sind kein Thema. Den Kandidaten scheint es auch selten ernst zu sein. Und wie lief das mit Felix Küchler ab am Mittwoch bei den Wahlen? Er wurde im Nationalratssaal nicht erwähnt. Man kann sich aber beim Generalsekretär über alle Kandidaturen informieren. Haben Sie dem Schwyzer Kandidaten Küchler Ihre Stimme gegeben?
Nein, ich habe Herrn Küchler meine Stimme nicht gegeben. Wir haben entschieden, dass wir an der Zauberformel festhalten. Das heisst, wir haben uns auf keine Spielchen eingelassen. Zum Schluss: Sind Sie mit dem Ausgang der Bundesratswahlen zufrieden? Sind Sie nach Ihrem Gusto ausgefallen? Ich bin der Meinung, dass die Bundesratswahlen für die Schweiz gut abgelaufen sind. Die grössten Parteien, die sich etabliert haben, sind im Bundesrat vertreten. Das Tessin, die Westschweiz und die Deutschschweiz sind fair vertreten. Die Grünen haben ihren Anspruch gestellt, was ich nachvollziehen kann. Das politische Klima ist sicherlich nicht vergiftet. Wir haben diverse politische Baustellen, wo wir gemeinsam Lösungen erarbeiten müssen.