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Wo sind die Rad- und Fussgängerwege?

Bei der Entflechtung des Langsamverkehrs um den Sihlsee ist noch nicht viel passiert

Künftig gilt wohl Tempo 60 entlang des nördlichen Sihlseeufers. Doch das reicht nicht, um den Langsamverkehr zu fördern und zu schützen. Warum werden nicht endlich getrennte Radund Fusswege gebaut?

WOLFGANG HOLZ

Die zwei «Weekends» am Sihlsee diesen Sommer waren zweifellos ein Erfolg. Viele Familien konnten endlich einmal sorglos am Seeufer entlangradeln. Inliner durften unbehelligt vom Autoverkehr auf dem Asphalt zu grossen Schritten ausholen. Und Spaziergänger mussten sich nicht wie sonst am nördlichen Sihlseeufer an den Strassenrand quetschen, um nicht von Autos und Velofahrern bedrängt zu werden. Verkehrsentflechtung nötig

Wenn künftig Tempo 60 am nördlichen Sihlseeufer für Autofahrer zwischen Einsiedeln und Willerzell gilt, wird der Verkehr auf dieser Strecke sicher ruhiger und sicherer. Doch das reicht nicht, um den steigenden – und auch touristisch gewünschten – Langsamverkehr von Velofahrern und Fussgängern um den Sihlsee vor dem motorisierten Individualverkehr zu schützen. Eine räumliche Trennung des Verkehrs würde Sinn machen. Warum also haben die Behörden, Bezirk und Kanton, in dieser Hinsicht bislang nichts Konkretes realisiert?

Kantonales Konzept seit 2014

Dabei gibt es schon seit fünf Jahren ein 80 Seiten umfassendes Dossier des kantonalen Umweltdepartments, an dem auch der Bezirk Einsiedeln, Einsiedeln Tourismus und andere lokale Player mitgewirkt haben.

In diesem «Entwicklungskonzept Sihlsee (EKS)» steht klipp und klar drin, was es in Zukunft braucht, um den Sihlsee und seine Landschaft natürlich zu erhalten – aber um auch andererseits die wirtschaftliche Entwicklung sowie eine moderate Steigerung der Lebens- und Wohnqualität voranzutreiben. Und das möglichst zeitnah – oder wie es im April 2014 Andreas Barraud, Landesstatthalter und Vorsteher des Umweltdepartements, formulierte: «das Geschriebene möglichst bald in Taten» umzusetzen.

Oder im O-Ton: «Der Seezugang für die Öffentlichkeit ist zu verbessern sowie ein attraktiver Seerundweg für den Langsamverkehr anzustreben.» An einer anderen Stelle ist sogar noch explizit die Rede von einem zu erstellenden «attraktiven, sicheren und zusammenhängenden Radverkehrsnetz ».

Geplante Massnahmen schlummern vor sich hin

Papier ist bekanntermassen geduldig. Deshalb schlummern solche Denkansätze wie etwa die Erstellung eines Sihlseerundwegs für Fussgänger, nicht nur auf dem Streckenabschnitt zwischen dem Strandbad Roblosen, Büel und Willerzell, offensichtlich noch im Dornröschenschlaf. Obwohl diese mit hoher Priorität ausgestattet wurden. Auch saisonale Massnahmen für Velofahrer und Inline-Skater wurden bislang nicht umgesetzt. Will heissen: Nicht einmal saisonale Warnschilder «Achtung Velofahrer/ Inline-Skater» wurden – wie im EKS zur Überprüfung empfohlen – bislang auf dem Abschnitt Hüendermatt bis Willerzell aufgestellt.

Dabei haben die Planer und Entwickler des EKS das Problem vor vier Jahren klar erkannt. Langsam- und Normalverkehr kommen sich auf diversen Strassenabschnitten rund um den Sihlsee gehörig in die Quere.

Wörtlich heisst es dazu im EKS: «Die Strassen um den See sind insbesondere auf den verkehrsarmenAbschnittenentlang der Moorlandschaft Schwantenau über Schlapprig nach Willerzell sowie von Steinbach via Steinau nach Rüti beliebte Velound Inlinestrecken für Einheimische wie auch für Tages- und Ferientouristen in der Region Sihlsee. Durch den fehlenden Seeuferweg benutzen auch Wanderer und Spaziergänger diese Strassenabschnitte, was an Wochenenden zu starker Mehrfachnutzung führen kann.» Und weiter: «Für die Velofahrer bestehen dieselben Gefahrenstellen wie für Fussgänger (…) Die Strecke Blüemenen–Schlapprig– Willerzell ist aufgrund der geringen Verkehrsdichte grundsätzlich gut für Velofahrer geeignet.» Konflikte zur Umsetzung So weit das Entwicklungskonzept. Aber warum hat man nicht einen einzigen der angestrebten Rundwege für Velofahrer und Fussgänger umgesetzt? Liegt es nur am fehlenden Geld? Wohl kaum.

Dies bestätigt auch das Entwicklungskonzept Sihlsee. Einerseits wird als «Konflikt» zwischen den Bereichen Verkehr und Freizeit/Sport erkannt, dass eine Entflechtung des Auto- und Langsamverkehrs erschwert wird durch die «engen Raumverhältnisse». Andererseits würden zahlreiche Schutzgebiete am See eine solche Verkehrsentflechtung behindern. Sprich: Es bestehe die Gefahr der Zerschneidung weiterer Landschafts- und Lebensräume durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

Gibts nun gar keine Wege für den Langsamverkehr? Aber was heisst das konkret? Wird es nun gar keine Fussgänger- oder Velowege geben – auch nicht abschnittsweise – nur weil es überall Moorgebiete hat? Wobei die bedeutendsten und grössten Moorgebiete am Sihlsee eh am unwegsameren Südufer liegen.

«Der Seezugang für die Öffentlichkeit ist zu verbessern sowie ein attraktiver Seerundweg für den Langsamverkehr anzustreben.»

Entwicklungskonzept Sihlsee, 2014

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