Es war ein Ziel von mir, mich in Einsiedeln durchzubeissen
Der WM-Medaillengewinner Killian Peier steigt als Schweizer Hoffnungsträger in die Saison.
MIT KILLIAN PEIER SPRACH RAINER SOMMERHALDER
Was hat sich für Sie mit dem Gewinn von WM-Bronze verändert?
Vor einem Jahr hatte ich noch nicht diesen Status im Skispringen. Das Medieninteresse ist gestiegen, dadurch habe ich im Alltag weniger Zeit für mich. Ich muss besser planen. Doch die WM-Medaille gibt mir jeden Tag ein wenig Extra-Selbstvertrauen. Sie motiviert mich, noch besser zu trainieren, und sie hilft mir, in Phasen des Zweifels noch mehr an mich zu glauben. Weniger Zeit ist nicht das, was man als Sportler sucht … Deshalb ist die Planung so wichtig. Das grosse Interesse nach der WM kostete zwar Energie, aber es ist nichts, was mich belastet.
Sind die Ansprüche nun höher – die eigenen und die von aussen? Ich selber darf von mir mehr erwarten. Mein Niveau ist sicher höher als vor einem Jahr. Letztlich muss mein Niveau für mich stimmen, nicht unbedingt für Leute von aussen. Mit welchen Erwartungen an sich steigen Sie in die Saison? Ich will die Leistungen der letzten Saison bestätigen. Wichtig ist mir auch eine Konstanz über den ganzen Winter. Am Schluss geht es darum, möglichst viele Weltcup-Punkte zu sammeln. Und natürlich Spass zu haben (lacht).
Konnten Sie auch finanziell von Ihrer WM-Medaille profitieren? Leider hat mein Hauptsponsor sein Engagement nach der letzten Saison beendet. Das kam sehr unerwartet. Der Schweizer Markt ist leider nur auf das Skifahren fokussiert. Dann ist das Sponsoring des einzigen Schweizer Medaillengewinners der Nordisch-WM noch frei? Bis vor einer Woche war das tatsächlich der Fall. Nun habe ich nach langer Suche doch noch eine positive Antwort von einem neuen Kopfsponsor erhalten. Das freut mich sehr. Ich fühle mich erleichtert, so habe ich einen Druck weniger auf meinen Schultern. Wie lebt es sich denn konkret als WM-Medaillengewinner?
Meine finanzielle Situation ist dank Sponsoren und Dritten gut. Dank diesen kann ich mein Leben finanzieren und mich zu hundert Prozent meinem Sport widmen.
Aber auf das Sparkonto kommt kein grosser Betrag? Letzte Saison war etwas besser als die Jahre zuvor. Aber mit einem Tennisprofi oder einem Eishockeyspieler kann ich mich nicht vergleichen. Sie sind früh aus der Romandie nach Einsiedeln gezogen: War das ein Kulturschock? Es war als 16-Jähriger schon ein Kulturschock. Die Sprache ist schwierig. Wir lernen zwar vier, fünf Jahre in der Schule Deutsch, aber Schweizerdeutsch ist eine andere Sprache. Ich musste mich anpassen, neue Dinge lernen. Es war ein Ziel von mir, mich in Einsiedeln durchzubeissen. Ich bin sehr zufrieden, wie es sich entwickelt hat. Wo machen sich die Unterschiede zwischen Romands und Deutschschweizern im Alltag bemerkbar?
(lacht) Ich habe keine wirklich guten konkrete Beispiele. Man sagt den Welschen nach, sie seien eher spät dran. Ich aber bin ein recht pünktlicher Mensch. Das Körpergewicht ist ein Dauerthema im Skispringen. Gehen Sie oft hungrig ins Bett? Zum Glück passiert dies nicht so oft. Es ist klar, wir Springer müssen möglichst leicht sein, gleichzeitig aber auch viel Energie haben. Ich esse ganz normal. Ich bin gesund! Das Gewicht reguliert sich durch das sportliche Training. Ich muss einfach schauen, dass ich nicht zu viel Schokolade esse. Wie gesagt, ich bin ein Geniesser und auch ein ungeduldiger Mensch. Ich darf im Winter nicht der Lust auf Schokolade verfallen. Ein guter Sprung hängt im Skispringen nicht nur von der Frage ab, ob man gut trainiert hat? Ein gutes Training ist die Basis. Um das richtige Körpergefühl zu erreichen, kann man aber auch Dinge ausprobieren. Ich habe in diesem Sommer wieder Sprünge mit einem Renndress der Alpinen gemacht.
Das Dress, mit dem Beat Feuz die Abfahrtspisten runterfährt?
Ja, wobei ich konkret den alten Anzug von Wendy Holdener getragen habe. Er hat von der Form perfekt gepasst. Beats Anzug hätte wohl etwas zu viel Stoff für mich gehabt. Was bezwecken Sie damit?
Es ist eine gute Lösung, um gewisse Dinge intensiv zu spüren. Ein Skisprunganzug und ein Renndress sind zwei Welten – wie wenn du mit oder ohne Wingsuit aus einem Helikopter springst. Deshalb war es sehr interessant zu spüren, was ich mit meinem Körper in der Luft genau mache, was mit meinen Skiern. Sodass ein Sprung auch ohne Spezialanzug funktioniert.
Wieso ist die Psyche im Skispringen so entscheidend? Ein Sprung passiert so schnell. Beim Absprung entscheidet der Bruchteil einer Sekunde, ob du weit fliegen kannst oder nicht. Die Psyche muss in diesem Augenblick mit dem Körper eins sein. Ich muss den Körper spüren.
Killian Peier startet als grösste Schweizer Skisprunghoffnung in die Weltcup-Saison. Foto: Archiv EA