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Über Sinn und Unsinn einer Fusion

Über Sinn und Unsinn einer Fusion Über Sinn und Unsinn einer Fusion

Zum 24. November: Pro- und Kontra-Diskussion zur Abstimmungsvorlage für die Kantonsschule Ausserschwyz in Pfäffikon

Nicht nur die Kantonsschule in Pfäffikon soll für 92 Millionen Franken neu gebaut werden; gleichzeitig soll auch die Teilschule Nuolen aufgelöst werden.

ANOUK ARBENZ

Über den geplanten Neubau der KSA-Schulinfrastruktur in Pfäffikon und die Zusammenlegung mit der Teilschule Nuolen scheiden sich die Geister. Regierungsrat und Bildungsdirektor Michael Stähli und Roland Egli, Präsident des Komitees für eine kostengünstige und dezentrale Mittelschulinfrastruktur, bringen die Argumente beider Seiten auf den Tisch.

Darin sind sich Regierungsrat Michael Stähli und Roland Egli, Präsident des Gegenkomitees, einig: Die Schulinfrastruktur der Kantonsschule Ausserschwyz (KSA) in Pfäffikon muss ersetzt werden. Nun gehen die Meinungen auseinander, wie dieser Neubau aussehen soll. Der Kanton plant dafür eine Zusammenlegung mit dem Standort in Nuolen und hat sich für ein 92-Millionen-Neubau-Projekt entschieden. Dagegen wurde das Referendum ergriffen, weshalb nun das Schwyzer Volk am 24. November über die Realisierung dieses Neubaus bestimmt.

Warum will der Kanton von seiner dezentralen Mittelschulstrategie mit dem Konzept «eine Schule – zwei Standorte» abrücken? Michael Stähli: Der Kanton sieht jetzt, weil man die Infrastruktur in Pfäffikon ohnehin neu bauen muss, die Gelegenheit, die Zusammenlegung der beiden Standorte zu realisieren. Das war aber keine «Hauruck- Übung», sondern da gab es im Vorfeld diverse Richtungsentscheide.

Herr Egli: Warum halten Sie an der Dezentralisierung fest? Roland Egli: Wenn man die Schule zentralisiert, kostet das exorbitant viel. Diese Kosten zahlen wir und legen dafür eine Schule still, die eigentlich noch funktionstüchtig ist. Die Kapazitäten, die dort verloren gehen, werden in Pfäffikon neu und teuer gebaut. Das macht keinen Sinn.

Abgesehen von der Zentralisierung: Weshalb wehren Sie sich gegen dieses Projekt? Egli: Hauptsächlich deshalb, weil es viel zu teuer ist und der March ein Mittelschulstandort weggenommen wird. Stähli: Es ist ein Verlust, aber kein Weltuntergang für die March – sie gewinnt ja etwas dazu. Ich verstehe sehr viele Argumente der Gegenseite, wenn es sich immer noch um eine autonome Schule handeln würde. Wir sprechen hier von einem Gebilde, das seit 22 Jahren eine Kantonsschule ist. Für uns macht es einfach keinen Sinn, einen Betrieb umständlich an zwei Standorten zu führen, wenn die Schule an einem Ort mit gleicher Angebotsqualität für alle Lernenden realisiert werden kann. Diese Möglichkeit haben wir jetzt.

Hinzu kommt: Die Teilschule Nuolen hat für die March null Ausstrahlung. Nach Schulschluss ist Lichterlöschen angesagt. Hätte sie eine Ausstrahlung in die March, müsste das bei den Gemeinden als Standortfaktor sichtbar sein. Man kann sich sämtliche Webseiten anschauen: Der Standort Nuolen erscheint praktisch nirgendwo, wenn man ihn nicht explizit sucht. Das zeigt doch: Die Mittelschule March ist kein Standortfaktor.

Egli: Das ist eine absolut verfehlte Aussage. Man muss nicht bei den Gemeinden schauen, sondern in Immobilienbroschüren. Vor allem in der Obermarch werden die Standortvorteile spätestens auf der zweiten Seite aufgelistet, und einer davon ist der Mittelschulstandort in unmittelbarer Nähe. Ich sehe die Gemeinden nicht als das Publikationsorgan an, das Standortvorteile in den Vordergrund stellen müsste.

Das Komitee hat viel Zulauf aus der Obermarch – warum wehrt man sich vor allem dort so stark gegen eine Zusammenlegung? Egli: Die Obermärchler haben langsam genug. Man nimmt ihnen alles weg. Erst den Zugang zum öV, dann die Infrastruktur im Bereich von Banken und Post und jetzt verlieren sie auch noch ihren letzten Anker mit dem Mittelschulstandort in Nuolen.

Stähli: Ich bezweifle einfach, dass diese 5,7 Kilometer, die man zusätzlich auf sich nehmen muss, ausschlaggebend sein können. Als Bildungsdirektor des Kantons Schwyz habe ich ein Interesse an einem starken Bildungsstandort Ausserschwyz. Ob dieser in der March oder in den Höfen ist, spielt letztlich keine Rolle. Das Kleinräumige, das verstehe ich aus Sicht von Altkollegianern, welche sich immer noch in der Welt des Kollegi Nuolen von vor 1995 wähnen. Auch ich kenne diese frühere Schulwelt.

Hat die Grösse Ihrer Meinung nach keinen Einfluss auf die Lernqualität und den Lernerfolg?

Stähli: Absolut nicht. Wir haben 150 Maturazeugnisse pro Jahr. Es kann mir keiner sagen, er kann aus diesen Zeugnissen herauslesen, welche der Schüler in Nuolen in die Schule gingen und welche in Pfäffikon. Vielleicht ist es beschaulicher und familiärer in Nuolen, hingegen gibt es umständliche Schultransporte und unterschiedliche Schulqualitäten – Mensa, Aula und Sportmöglichkeiten in Pfäffikon versus die Möglichkeiten in Nuolen. Diese umständliche Schulorganisation geht zulasten der Lernenden. Ich möchte noch etwas anderes ansprechen: Die Lernenden der KSA sind im gleichen Alter wie unsere Berufsschüler. Da gab es noch nie ein Aufschrei, dass die armen Berufsfachschüler nach Pfäffikon, Goldau oder noch weiter gehen müssen. Dort ist es selbstverständlich, dass man eine gewisse Distanz unter die Füsse oder die Räder nimmt. Egli: Es gibt mindestens seit dem Jahr 2005 die Maxime an der KSA, dass kein Höfner Schüler nach Nuolen gehen muss. Man mutet es den Märchler Schülern also zu, dass sie nach Pfäffikon fahren, aber es ist unzumutbar, dass ein Höfner nach Nuolen muss. Stähli: Das stimmt, aber es geht dort nicht explizit um die Höfner, sondern auch um die Einsiedler und Ybriger.

Der grösste Streitpunkt ist wohl der Kredit von 92 Millionen Franken – der grösste Baukredit, der im Kanton je für ein Hochbauprojekt gewährt würde. Kann der Kanton das tragen?

Stähli: Ja, das kann er. Die andere Option wäre, eine Schule für 400 Schüler zu bauen und Nuolen so weit baulich fit zu machen, dass der Schulstandort über dieselbe Zeitdauer Bestand hat. Wir möchten nicht wie bisher alle zwei Jahre eine Million investieren, um das Nötigste zu machen, wir wollen dort längerfristig Ruhe haben. Wenn man diese Rechnung dem Neubau für 600 Schüler gegenüberstellt – mit einer günstigeren Administration und ohne die Kosten für die Schülertransporte –, dann muss man sich fragen: Macht das Sinn, eine Schule an zwei Standorten zu führen? Egli: Diese Kostenbetrachtung ist nicht korrekt. Es ist nicht nötig, dass man in Nuolen gross investiert. Es gibt Sanierungen, die dringend gemacht werden müssen, mehr nicht. Zudem ist ein Schulhaus für 400 Schüler viel günstiger zu erstellen als ein Schulhaus für 600 Schüler. Man braucht nicht noch eine Dreifachturnhalle oder eine Aula, das ist dann nicht mehr nötig. Aus unserer Optik – und das haben wir mit Baufachleuten abgeklärt – sprechen wir von einer Differenz von etwa 40 Millionen Franken. Das sind 2,4 Millionen pro Jahr, die man für andere Bildungsinhalte investieren könnte. Stähli: Was man in der Vergangenheit in Nuolen zu vermeiden versuchte, waren grosse Investitionen, obwohl sich diese abzeichneten. Wir wussten, dass wir Pfäffikon und Nuolen baulich zusammenführen werden. Wann das sein würde, war noch unklar. Deshalb bremste man grosse Investitionen ab. Man investierte nur gerade so viel, dass nichts passiert. Nach den klaren Entscheiden des Kantonsrates können wir nicht einfach die Meinung ändern, sagen: Ok, Nuolen bleibt bestehen, und dann die grossen Investitionen weiter zurückhalten. Die braucht es dann. Deshalb ist das Preisticket bei beiden Optionen ungefähr gleich. Von der Gegner-Seite hört man immer wieder das Argument, dass der geplante Neubau nicht den aktuellen pädagogischen Anforderungen entspricht. Warum nicht?

Egli: Ich sage nicht, dass der Neubau nicht den heutigen Bedürfnissen entspricht. Überhaupt nicht. Es ist aber unbestritten, dass es einfacher ist, in kleinen, überschaubaren Schulverhältnissen zu unterrichten, in denen es eine gewisse Sozialkontrolle zwischen Lehrern und Schülern gibt. Das ist auch der Grund, weshalb Eltern ihre Kinder auf eine Privatschule schicken.

Könnte die Schule mit 600 Schülern überfordert sein, Herr Stähli? Stähli: Nein. Erstens von der Altersstruktur her. Das sind junge Erwachsene. Nebenan gehen Berufsschüler zur Schule, dort ist das auch kein Thema. Die 600er-Grösse haben wir heute schon, wenn man es zusammenfasst. Und das ist bei Weitem keine Grösse, bei der soziale Probleme nicht sichtbar würden. Da gibt es ganz andere Grössenordnungen: Die Kantonsschule Alpenquai in Luzern hat zweitausend Schülerinnen und Schüler. Da könnten Probleme entstehen. Ich denke, wesentlich sind der Klassenverband und die Lehrperson. Welchen Einfluss dürfte die KSA-Abstimmung auf die Innerschwyzer Diskussion bezüglich der Zusammenlegung der Kantonsschule Kollegium Schwyz und Theresianum Ingenbohl haben?

Stähli: Es wird oft argumentiert, dass man den privaten Mittelschulen in Innerschwyz den Todesstoss versetzt, wenn man diese Vorlage in Ausserschwyz annimmt, was absoluter Quatsch ist. In Innerschwyz ist die Situation komplett anders. Das Kollegi Schwyz KKS ist bereits unsere Schule. Als sich die beiden Schulen Kollegi Schwyz und Theresianum Ingenbohl auf einen gemeinsamen Weg begaben, sahen wir, wie die Befindlichkeiten sind. Es ist verständlich, dass jede Schule für ihre Beibehaltung kämpft. Trotzdem haben beide Schulträger zusammen mit der Grundeigentümerin Kloster Ingenbohl kommuniziert: Wir suchen eine Lösung, wie man aus zwei guten Mittelschulangeboten eine neue Schule machen kann, welche ebenfalls ein breiteres Bildungsangebot mit Gymi und FMS aufweist. Egli: Aufgrund der Ausgangslage, die man in Ausserschwyz hat, wird man das auch im inneren Kantonsteil beurteilen müssen. Eigentlich müsste man – überträgt man die Argumentation der Befürworter des KSA-Neubaus auf die Innerschwyz –, nach Arth Goldau gehen. Dort hätte man dann die Synergien zu den Berufsschulen und zu den Pädagogischen Hochschulen. Goldau ist wahrscheinlich auch verkehrstechnisch der beste Standort. Wird natürlich nicht passieren.

Neubau in Pfäffikon und Aufhebung Standort Nuolen: Darüber scheiden sich nicht nur in der Ausserschwyz die Geister.

Foto: Archiv

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