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«Alle hoffen auf neuen Bischof»

«Alle hoffen auf neuen Bischof» «Alle hoffen auf neuen Bischof»

Werner Inderbitzin, Präsident des Vorstands der katholischen Kantonalkirche Schwyz, tritt zurück

Nach 14 Jahren im Amt gibt Werner Inderbitzin das Präsidium ab. Als Höhepunkt seiner Amtszeit bezeichnet der 77-Jährige die neue Verfassung und das Ja des Kirchenvolkes zum Beitritt der Schwyzer Kantonalkirche zur Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ).

MAGNUS LEIBUNDGUT

Was ist der Grund für Ihren Rücktritt?

Mitte nächsten Jahres werde ich fast 14 Jahre im Amt sein. Obwohl ich nicht amtsmüde bin, ist es jetzt Zeit, auch altersbedingt, andern Kräften Platz zu machen. Den Zeitpunkt für einen Wechsel im Präsidium finde ich günstig. Die Kantonalkirche steht jetzt anders da als im Jahre 2006. Wie fällt Ihre Bilanz aus im Rückblick auf Ihre Amtszeit? Bevor an eine Weiterentwicklung gedacht werden konnte, musste die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt werden. Der Kantonalkirche ein Gesicht zu geben und die Wahrnehmung in der Bevölkerung zu stärken. Die Bilanz bezeichne ich positiv, ist es doch gelungen, wichtige Aufgabenbereiche rechtlich zu verankern. Was waren Höhe- und Tiefpunkte in Ihrem Präsidium? Ich habe im Herbst 2006 das Amt unvorbelastet angetreten. Als Tiefpunkt bezeichne ich und für mich neu, dass es eine aktive Gruppe gab, die gegen die Kantonalkirche arbeitete und laufend versuchte, eine Weiterentwicklung zu verhindern. Man war und ist grundsätzlich gegen das duale System, sprach dieses aber nicht offen aus. Leider fanden diese Leute noch Unterstützung von Generalvikar Martin Grichting. Ein Höhepunkt war selbstverständlich die deutliche Annahme der neuen Verfassung. Damit war der Grundstein gelegt, dass die Aufgaben neu geregelt werden konnten.

Wurden Sie überrascht von den Querelen rund um den RKZ-Beitritt?

Gestützt auf die Geschichte der Kantonalkirche und auf das vorher Gesagte war der kantonale Kirchenvorstand entsprechend gewappnet. Es war uns bewusst, dass es nicht einfach war, dem Kirchenvolk zu erklären, was die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) ist und welche Aufgaben und Bedeutung diese Institution, im Rahmen der Kirche Schweiz, hat. Die tiefe Stimmbeteiligung und das knappe Resultat waren ein klares Zeichen dafür. Wenn man etwas nicht kennt und es dann noch mit Kosten verbunden ist, geht man nicht an die Urne oder stimmt eher nein. Wie taxieren Sie Meinungen, welche die RKZ als Chüngeliverein bezeichnen? Dieser Leserbriefschreiber hat sich seinerzeit sicher nicht die Mühe genommen, die Abstimmungsbotschaft zu lesen. Einen von allen Kantonalkirchen der Schweiz getragenen Verein, der ein Budget von rund zwölf Mllionen Franken verwaltet und davon über neunzig Prozent direkt dem kirchlichen Leben der Schweiz zugutekommen lässt, so zu bezeichnen, ist äusserst despektierlich. Wie hat sich die Kantonalkirche in den letzten 14 Jahren verändert?

Vorerst halte ich fest, dass mit der grossen Mehrheit des Kantonskirchenrats ein gutes Einvernehmen herrschte. Das Kirchenparlament hat den wichtigen Vorlagen immer zugestimmt. Es wird aber immer schwieriger, Leute zu finden, die sich für kirchliche Belange engagieren. Der Vertrauensverlust der Kirche wirkt sich natürlich nicht positiv aus. Es gilt nun das von der Bischofskonferenz und dem Bistum Chur erarbeitete «Schutzkonzept für die seelische, geistige und körperliche Unversehrtheit der Menschen» durchzusetzen. Der Kantonalkirche, in Zusammenarbeit mit den Dekanaten, ist dabei eine Leitfunktion zugewiesen, denn die Anstellungen im kirchlichen Bereich erfolgen in erster Linie auf der Stufe der Kirchgemeinden und Pfarreien.

Am Samstag feiert die Kantonalkirche in Einsiedeln ihr 20-Jahr-Jubiläum. Was waren Meilensteine in diesen beiden Jahrzehnten? Nach längeren Geburtswehen war es eine riesige Aufgabe, die notwendigen Gesetze und Verordnungen und die ganze Administration aufzubauen. Ein Meilenstein war sicher, als im dritten Anlauf das Kirchenvolk 2015 eine eigenständige Verfassung beschloss. Darauf aufbauend konnten dann die entsprechenden Gesetze für die Übernahme der Trägerschaft der Fremdsprachenseelsorge und der Katechetischen Arbeitsstelle erarbeitet und vom Kirchenparlament verabschiedet werden. Der Beitritt zur RKZ in diesem Sommer war selbstverständlich ein weiterer Höhepunkt. Damit hat die Kantonalkirche die Volljährigkeit erreicht.

In welche Richtung wird sich die Kantonalkirche in den kommenden zwanzig Jahren entwickeln?

Keine einfache Frage. Dies hängt eng zusammen mit der Frage, ob es der katholischen Kirche gelingt, den Vertrauensverlust zu überwinden und sich in der Gesellschaft wieder Beachtung zu verschaffen, die sie eigentlich verdient. Die christlichen Kirchen insgesamt haben Werte zu verteidigen, die oft unter allen Negativmeldungen vergessen gehen. Wenn es gelingt, die Gläubigen wieder zu begeistern und für die Notwendigkeit der Kirche zu überzeugen, werden auch die Kantonalkirche und die Kirchgemeinden weiter ihre Aufgaben wahrnehmen. In welcher Form bleibt offen. Wie schätzen Sie die Lage im Bistum Chur derzeit ein? Alle hoffen auf einen neuen Bischof, der die Zeichen der Zeit erkennt, den Zugang zu den Gläubigen findet und ein Brückenbauer sein will und kann. Er muss auch den Mut haben, im engsten Mitarbeiterstab in Chur personelle Veränderungen vorzunehmen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Bistumsleitung und den staatskirchlichen Körperschaften (Kantonalkirchen) ist erst Voraussetzung für ein lebendiges kirchliches Leben. Diese Voraussetzung fehlte leider in den vergangenen zwölf Jahren. Wen wünschen Sie sich als neuen Bischof von Chur? Das Anforderungsprofil habe ich vorgängig umschrieben. Im Gegensatz zu früher wurden die Präsidenten der Kantonalkirchen vom Nuntius zum Teil konsultiert. Ich habe dem Nuntius Männer gemeldet, die ich mir auf dem Bischofssitz in Chur vorstellen kann. Auch im Konvent von Einsiedeln gibt es fähige Leute. Ob sie auf der Liste, die dem Domkapitel schliesslich unterbreitet wird, stehen, ist eine andere Frage. Das ganze Verfahren steht unter der päpstlichen Geheimhaltungspflicht.

Gibt es bereits Kandidaten für Ihre Nachfolge? Bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet. Es werden in nächster Zeit Konsultationen stattfinden. Ich hoffe sehr, dass es gelingt, eine Frau oder einen Mann zu finden, die bereit sind, das Steuer zu übernehmen. Das Haus ist jetzt weitgehend gebaut, darum dürften die kommenden Jahre eher etwas ruhiger verlaufen.

Bleiben Sie auch nach Ihrem Rücktritt der Kirche erhalten? Der Kirche sicher, denn ich bin und bleibe Katholik. Solange es meine Stimme und die Gesundheit erlauben, werde ich weiterhin im Kirchenchor Arth mitwirken. Ich kann mir vorstellen, dass ich für gewisse Spontaneinsätze zur Verfügung stehe.

Leider fanden diese Leute noch Unterstützung von Generalvikar Martin Grichting.

Es wird aber immer schwieriger, Leute zu finden, die sich für kirchliche Belange engagieren.

Der Vertrauensverlust der Kirche wirkt sich natürlich nicht positiv aus.

Werner Inderbitzin legt auf den 30. Juni 2020 sein Amt als Präsident des Vorstands der katholischen Kantonalkirche Schwyz nieder. Foto: Magnus Leibundgut

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