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Kindergeschichte aus Einsiedeln

Es ist kurz vor 9 Uhr und Ferienzeit. Der Vater hat mit seinem typischen Singsang die Kühe auf die Weide geführt, die Mutter reinigt noch den Stall. Der Bauernjunge erwacht erst jetzt, denn er durfte heute ausschlafen. Er steht auf und zieht sich an. Nur die Socken und Schuhe lässt er weg. Nun sucht er seine Geldbörse, in der sich ein paar Rappen befinden. Der Junge verlässt das Haus und läuft barfuss über die noch nassen Wiesen bis zum Hauptweg, der zum Kloster führt, am Stall und den Pferden vorbei, durch den Klosterhof und das gusseiserne Tor, an den Souvenirständen entlang und dann steht er vor seinem Ziel.

Es ist ein Laden, über dem in goldenen Lettern ein Name steht. Die Klosterglocken bollern derweil. Der Junge bleibt noch einen Augenblick stehen, um dem Läuten zuzuhören, dann geht er hinein in den Goldapfelladen. Er legt den Inhalt der Geldbörse auf den Tresen. Die Verkäuferin stutzt, fragt dann höflich, was er möchte. Der Junge strahlt sie an und antwortet: «Wenn das reicht, hätte ich gern ein paar Schafböcke.» Die Verkäuferin erkennt sofort, dass das Geld nicht reicht. Sie lächelt jedoch zurück und überreicht ihm ein Säckli mit Schafböcken. Der Junge nimmt es an sich und hüpft glücklich zur Tür hinaus. Als er um die Hausecke verschwunden ist, nimmt die Verkäuferin ihr Portemonnaie und legt die fehlende Summe dazu. Sie weiss, wie wichtig es ist, gute Taten zu vollbringen. Und weil viele Menschen in Einsiedeln so denken, ist das ein besonderer Ort. P.S.: Liebe Kinder, natürlich gibt es die Schafböcke nicht kostenlos, denn die Verkäuferin benötigt ihren Lohn, und auch Miete und Strom müssen bezahlt werden.

Sylvia Schulz, Grütlimatte (Einsiedeln)

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