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Wie Köche und Maschinen Hand in Hand arbeiten

Wie Köche und Maschinen  Hand in Hand arbeiten Wie Köche und Maschinen  Hand in Hand arbeiten

Seit gestern werden die 350 Stiftsschüler wieder im alten Kapitelsaal und in der Mensa von den Köchen der Klosterküche verpflegt. Die Mönche kommen derweil bereits seit einer Woche in die Genüsse der Speisen der neuen Küche. Sie speisen wieder im Refektorium.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Das Auswärtsessen in Restaurants im Oberdorf hat sein Ende gefunden: Ab sofort kehren die Schüler der Stiftsschule zurück hinter die Gemäuer des Klosters Einsiedeln, um im alten Kapitelsaal und in der Mensa zu speisen. Heute Mittag ist dort vegetarisches Essen angesagt: Es gibt Gnocchi nach Piemonteser Art mit Grill-Gemüse. Am Abend wird dann den Internatsschülern Muotathaler Chämibraten mit Teigwaren und Rüebli serviert.

Gar eine Woche früher als geplant konnten die Mönche zurück ins Refektorium ziehen, um in den Genuss der Speisen der neuen Küche zu kommen. Schliesslich haben die Benediktinerpatres und -brüder in der Bauphase ab Juni im Kapitelsaal gegessen und sind von der Mensa-Küche verköstigt worden.

Ein Zeiten- und Quantensprung

Die Bauarbeiten in den letzten fünf Monaten seien bestens über die Bühne gegangen, berichtet Jeronimo Barahona, Bauchef des Klosters Einsiedeln: «Die grösste Herausforderung war die Provisoriumslogistik. Wir mussten verschiedene Gruppen in verschiedenen Räumen unterbringen – parallel zu den Sanierungsarbeiten in der Klosterküche.» Der finanzielle Rahmen könne eingehalten werden: «Der Einbau des neuen Liftes, dank dem der Gästetrakt rollstuhlgängig wird, kostet 800’000 Franken. » Die budgetierten Kosten für die Küche werden derweil unterschritten werden, konstatiert Barahona.

Mit der Küchenerneuerung gelinge ein Zeitsprung von den 80er-Jahren in das 21. Jahrhundert, bringt der Leiter der Werkstätten des Klosters Einsiedeln die Sanierung auf den Punkt. Alleine bei der Technik ist ein Quantensprung auszumachen: Vario Cooking Center (VCC) heisst das Zauberwort, mit dem das Kochen im Kloster Einsiedeln unter ganz anderen Vorzeichen über die Bühne geht: VCC ist mit intelligenten Funktionen ausgestattet und ist gewissermassen ein Assistent, der für Qualität, einfachste Bedienung und Effizienz steht. Garen über Nacht im Fokus

«Unsere neue Klosterküche ist mit Maschinen ausgestattet, die miteinander kommunizieren und dieselbe Sprache sprechen », schildert Michel Rod, Küchenchef im Kloster Einsiedeln, und zeigt sich begeistert über die Vorzüge der neuen Küche. Eine Hebe- und Senkautomatik ermögliche punktgenaues Garen über Nacht von frittierten, pochierten oder gekochten Produkten.

«Die eingebaute Kochintelligenz unterstützt uns ideal bei unserer täglichen Arbeit und nimmt uns Routinearbeiten, wie das permanente Regeln der Temperatur und das Überwachen, ab», sagt Rod. Garzeiten für Ragouts, Schmorgerichte, Suppen, Fonds und Eintöpfe könnten reduziert werden.

«Heizen mit Öl und Dampf gehört der Vergangenheit an», stellt Rod fest: In wenigen Minuten erreiche der VCC-Tiegel 200 Grad und halte die Hitze selbst dann, wenn er mit viel kaltem Gargut befüllt werde. Wegen der Ablösung von dampfbetriebenen Geräten und wegen der höheren Leistung der modernen Geräte steige der Strombedarf deutlich. Produktionsküche auf Touren

Aus der alten Klosterküche ist eine richtige Produktionsküche geworden: In der Regel werden während der Schulzeit rund 500 Mahlzeiten pro Tag produziert. Sie kann die Kapazität auf tausend Mahlzeiten erhöhen. Dank Schockgefrieren lassen sich etwa problemlos tausend Hamburger konservieren und können später in kurzer Zeit präpariert werden.

Die neue Küche erfüllt auch höhere Standards bezüglich Hygiene und Sicherheit: Sie ist ein abgeschlossener Raum, in dem es keinen Durchgang mehr gibt für Mönche und Mitarbeitende. Weil auch ans Küchenpersonal höhere Anforderungen gestellt werden, hatte dieses Weiterbildungen zu absolvieren: Es musste auf die neuen Geräte umgeschult werden. Obwohl nun viele Maschinen im Einsatz sind, braucht es immer noch Menschen in der Küche, die arbeiten: Nach wie vor besteht das Küchenteam aus zehn Mitarbeitern. Diese haben denn auch zusätzliche Arbeiten vorzunehmen: Schöpfen und Abwaschen werden künftig durch das Küchenpersonal ausgeführt.

Aus Küchen- wird Personenlift Das Essen aus der neuen Klosterküche werde zukünftig leichter, luftiger, gesünder ausfallen, ist aus der Küche zu hören. Ob das auch Abt Urban munden wird? «Der Abt ist überhaupt nicht heikel», meint Michel Rod: «Ich weiss nur, dass er gerne Glace verspeist.» Und Speiseeis wird es ja auch weiterhin im Kloster Einsiedeln zum Dessert geben.

Hand in Hand mit der Sanierung der Küche ist der Einbau eines Liftes über die Bühne gegangen: «Am Hof gab es bereits einen internen Küchenlift, der den Keller bis und mit Estrich erschlossen hat», schildert Barahona: Dieser sei zu klein gewesen und habe keinen Zugang von aussen gehabt.

Aufgrund einer Studie habe sich der bestehende Liftstandort als optimal für einen grösseren neuen Lift herausgestellt. «Der Eingriff wurde bereits mit der kantonalen Denkmalpflege zweimal vor Ort besprochen. Das Ergebnis der Besprechungen ist in die Pläne eingeflossen », hält Barahona fest. Wie sich alt und neu ergänzen

Vorab musste der bestehende Lift im Kloster Einsiedeln ausgebaut und ein Teil der bestehenden Lift-Tragstruktur abgebrochen werden. Der Lift wurde im Abteihof durch eine Rampe erschlossen.

«Diesem Grundsatz, nicht alles einfach abzubrechen, wenn es nicht nötig ist, sind wir auch bei der Sanierung der Klosterküche treu geblieben, stellt Barahona fest: «Die Küche wurde nicht von Grund auf total erneuert. Manche Materialien aus den 80er-Jahren wurden belassen. » So kommt die Klosterküche in ihrer Erscheinung mit einer gelungenen Mischung der Bausubstanz aus alter und neuer Zeit daher.

Dem Küchenchef Michel Rod (vorne im Bild) und seinem Team werden dank den Maschinen Routinearbeiten abgenommen. Dafür müssen sie neu Schöpfen und Abwaschen übernehmen. Fotos: Lukas Schumacher

Das Personal wäscht ab: Obwohl nun in der neuen Küche viele Maschinen im Einsatz sind, braucht es immer noch Menschen, die arbeiten.

Garen über Nacht leicht gemacht: Dank Vario Cooking Center (VCC) landet die neue Küche des Klosters Einsiedeln vollends im 21. Jahrhundert.

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