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Wie das Wild zu Tode kommt

Laut Statistik werden mehr Rehe von Hunden gerissen als von Raubtieren. Doch das Bild täuscht.

ANDREAS SEEHOLZER

Im Jahr 2018 sind auf der Jagd 1057 Rehe erlegt worden. Im selben Jahr starben zusätzlich dazu 429 Stück Rehe an einer anderen Todesursache (sogenanntes Fallwild, alle toten Tiere ausserhalb der Jagd). Laut der eidgenössischen Jagdstatistik des Kantons Schwyz starben als Fallwild 168 Rehe an Alter, Krankheit und Schwäche. 149 Rehe kamen im Strassenverkehr zu Tode. 13 kamen unter den Zug.

Immer etwa dasselbe Bild

Ein Blick auf die Statistik zeigt zudem, dass über die Jahre immer rund doppelt so viele Rehe von Hunden gerissen werden wie von grossen Beutegreifern (siehe Grafik).

2018 wurden im Kanton zwölf Rehe von Hunden gerissen, und nur sechs wurden Opfer eines grossen Beutegreifers (Luchs oder Wolf). Werden diese Zahlen mit denen anderer Jahre verglichen, bleibt das Bild immer etwa gleich: Rund doppelt so viele Rehe werden von Hunden gerissen. Zum Rotwild werden keine Zahlen geführt. Hunderisse gehen vor allem von leise (ohne zu bellen) jagenden Hunden mit ausgeprägter Wildschärfe wie dem Deutschen Schäferhund aus und nicht von den laut, also mit Gebell, jagenden Jagdhunden. Am Pranger stehen also frei laufende Hof- und Haushunde.

Luchs und Wolf töten ausserhalb der Statistik Doch der Blick auf die Statistik alleine zeigt ein falsches Bild: Sie bezieht sich nur auf jene Tiere im Kanton Schwyz, die auch von Menschen gefunden wurden. Der Luchs zum Beispiel geht sehr sorgsam mit seiner Beute um, und es ist darum eher selten, dass Risse des Luchses gefunden werden. So ist auch der im Kanton Schwyz lebende Einsiedler Wolf M52 ein unauffälliges Tier: In seinem Lebensraum kam es bis anhin nicht zu Problemen mit Schafen und anderen Haustieren. Doch wovon lebt M52?

Man kann davon ausgehen, dass er sich von Rotwildkälbern (Hirsch) und Rehen ernährt. Ein Wolf braucht täglich rund fünf Kilogramm Fleisch, was bedeutet, dass er pro Woche ein Hirschkalb oder zwei bis drei Rehe erbeuten muss. Auf das Jahr gesehen sind es somit 50 Hirschkälber oder 100 bis 150 Rehe. Wie sich Wolf M52 in Einsiedeln auf den Wildbestand auswirkt, ist dennoch schwer abschätzbar. Auch der Bestand an Rehen ist schwer zu schätzen. Klar ist aber, dass 2018 im Kanton mindestens 1486 Rehe nachweislich verendeten – entweder durch die Jagd (1057) oder dann als Fallwild.

Auswirkung der Beutegreifer auf den Wildbestand

Im «Situationsbericht 2018, Wölfe im Kanton Schwyz» heisst es zu den Auswirkungen des Wolfs auf den Wildbestand von Rehen und Hirschen: «Aufgrund der durchgeführten Frühjahreszählungen im Kanton Schwyz sind einerseits keine zahlenmässigen Aussagen über den Einfluss von Wölfen auf die Wildbestände möglich. Andererseits konnten im Jahr 2018 die meisten Hirsche in der Geschichte des Kantons Schwyz durch die Jagd erlegt werden. Rotwild gilt als Hauptbeutetier des Wolfes. Offensichtlich führte bis anhin die Präsenz des Wolfes zu keiner Schmälerung des Wildbestandes und des Jagderfolges.» Zu bedenken gilt, dass grosse Beutegreifer wie Wolf und Luchs sich auf alte, kranke und schwache Tiere konzentrieren.

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