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Eine hoch philosophische Fragestunde mit Lukas Bärfuss

Eine hoch philosophische Fragestunde   mit Lukas Bärfuss Eine hoch philosophische Fragestunde   mit Lukas Bärfuss

An der Kantonsschule Ausserschwyz in Pfäffikon ging am Donnerstag der zu einer Autorenlesung eingeladene Schriftsteller Lukas Bärfuss mit Schülern und Schülerinnen der Frage nach, was ein gutes Leben ist.

URS ATTINGER

Deutschlehrer Patrick Fischer kündigte den Gast als den hochdekorierten Schriftsteller an, der er ist. Am kommenden Samstag kommt ein weiterer Preis dazu: Lukas Bärfuss erhält den mit 50’000 Franken dotierten Georg-Büchner-Preis in Darmstadt überreicht. Sie hätten im Deutschunterricht Geschichten aus seinem neuen Erzählband «Malinois» gelesen, fuhr Fischer weiter. Nach Romanen und Erzählungen ist Bärfuss zu seinen Wurzeln zurückgekehrt, er wirkt am Welttheater 2020 in Einsiedeln als Autor. Um «Das grosse Welttheater», geschrieben 1635 auf Spanisch von Pedro Calderón de la Barca, drehte sich denn auch der Morgen. Schülerinnen und Schüler hatten vor der Veranstaltung zum Ausdruck gebracht, dass sie erwarten, dass ihnen Bärfuss aus seinem Leben erzählt und vorliest. Doch der Schriftsteller hatte anderes vor. Der Gast befragte die Schüler

Bärfuss begann unkonventionell: «Das ist doch ein langweiliges Stück. Man spielt diese olle Kamelle hier seit über 100 Jahren, man sollte Einsiedeln von diesem Zwang befreien.» Natürlich war dies etwas ironisch gemeint. Nach einem kurzen Abriss über die Figuren des Welttheaters und dessen ursprünglichen Autor schlug Bärfuss die Brücke von 1630 ins Heute und fragte die Schülerschaft: «Was ist ein gutes Leben?» Eine Passion leben oder das Glück finden, waren Antworten aus der bis auf den letzten Platz gefüllten Aula der KSA. Da traute sich eine Schülerin zurückzufragen, warum denn Bärfuss Schriftsteller geworden sei. «Ich finde den Beruf Schriftsteller einfach sexy. Ich war weder an einer Kanti noch an einer Uni. Schriftsteller ist kein geschützter Beruf. Ich habe alles gelesen und geschrieben, was ich konnte und war plötzlich Schriftsteller.» Die Interaktion zwischen Bärfuss und den Schülern wurde hochphilosophisch und streifte Themen wie den Willen, Identität, Leben nach dem Tod. Eine weitere Frage von Bärfuss lautete: «Was seid ihr bereit zu opfern? » Er würde sein Leben geben, um das seiner Kinder zu retten. Eine Schülerin würde es für den Weltfrieden hergeben.

«Was bedeutet für euch Glück?», forderte Bärfuss die Anwesenden weiter heraus. Prompt stimmten die Antworten mit den meistgenannten Antworten in Studien überein. Liebe (und Sex) sowie Freunde und Familie machten die meisten Menschen glücklich. Nur könne man das Glück eben nicht festhalten und es verändere sich alles im Leben, sinnierte Bärfuss auf seine noch spürbare Berner Art.

Im zweiten, kürzeren Teil des Vormittags waren die Schüler dazu angehalten, Fragen zu stellen. Wie er das Welttheater umgeformt habe, damit es die Leute anziehe, wollte jemand wissen. «Ich würde das Spoken Word mit den vielen Vokalen fast mit Hip Hop vergleichen. Die Show wird mit 300 Darstellern abgehalten und die Hauptdarstellerin ist sehr wandelbar.» Ob er Angst habe, die Erwartungen nicht zu erfüllen? «Der Zahnarzt sollte die Erwartungen eines Kunden erfüllen. Die Aufgabe des Autors besteht darin, die Erwartungen nicht zu erfüllen.» Ob er bei einer zweiten Chance nochmals so leben würde? «Nein. Ich würde alles viel besser machen, vorausgesetzt ich könnte die Erfahrung aus diesem Leben mitnehmen.» Und zu guter Letzt bekannte Bärfuss, dass wir die Literatur nicht so essenziell brauchen wie die Nahrung und die Schriftsteller nicht so wichtig sind wie Ärzte. «Aber die Freude und die Empathie sind für mich Richtschnüre. » Den meisten war es wohl entgangen, dass Bärfuss zwar zwei Stunden Schriftsprache redete, aber nie aus einem seiner Bücher vorgelesen hat.

Lukas Bärfuss gab gestenreich Antworten auf die Fragen der Schüler der KSA Pfäffikon. Foto: Urs Attinger

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