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Der Kanton soll sich an den Restkosten der Kesb beteiligen

Eine Motion von Kantonsrat Paul Schnüriger und drei Mitunterzeichnenden verlangt einen fairen Kostenverteiler für die Restkosten bei angeordneten Massnahmen durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb).

IRENE LUSTENBERGER

Eine von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb angeordnete Massnahme muss zu 100 Prozent durch die Wohngemeinde finanziert werden, wenn bei den beteiligten Personen die nötigen finanziellen Mittel nicht vorhanden sind. Sowohl in kleineren wie auch grösseren Gemeinden können diese Kosten zu einer erheblichen Belastung des gesamten Finanzhaushalts werden. Zu diesem Thema reichten Kantonsrat Paul Schnüriger (CVP, Rothenthurm) und drei Mitunterzeichnende im April eine Motion ein. Kostenbewusstsein auch auf Stufe Kanton sicherstellen Darin schlugen sie vor, dass die Restkosten von angeordneten Massnahmen – also die Kosten, die nicht von den betroffenen Personen selbst, sondern von der öffentlichen Hand bezahlt werden – neu zu gleichen Teilen durch den Kanton und die entsprechende Wohngemeinde zu tragen sind. Die Motionäre begründen dies mit der Redewendung «Wer zahlt, befiehlt». Die Gemeinden hätten nur einen geringen Einfluss auf diese Kosten, da die Kesb die nötigen Massnahmen anordne. Dies sei zwar sachlich richtig, «der Kanton soll sich jedoch auch entsprechend an den Kosten beteiligen ».

Denn die anfallenden Kosten könnten sehr hoch sein und einzelne Kommunen überproportional belasten. «Das Verständnis und die Akzeptanz für nötige Massnahmen werden erhöht, wenn die Kosten nicht alleine von der Wohngemeinde bezahlt werden müssen», sind die Motionäre überzeugt. Heute würden nicht alle Gemeinden im gleichen Mass belastet, da sich die Kosten in den einzelnen Kommunen durch deren Struktur – Grösse oder günstigen Wohnraum – stärker ausprägen. «Durch eine Beteiligung des Kantons würden diese Kosten wenigstens zum Teil geglättet», so Schnüriger und die Mitunterzeichnenden. Zudem wäre die Kostenfolge der angeordneten Massnahmen in Zukunft auch in der Kantonsrechnung ersichtlich und somit auf dem Radar des Parlaments. Ein entsprechendes Kostenbewusstsein würde damit auch auf Stufe Kanton sichergestellt.

Massnahmen nicht verhindern In ihrer Antwort hält die Regierung fest, dass die Gemeinden für die Folgekosten von Massnahmen wie angeordnete Heimaufenthalte, sozialpädagogische Familienbegleitungen oder Therapiemassnahmen aufkommen, der Kanton aber die Kosten für die Mandatsträger – Berufs- oder Privatbeistände – trägt. Die gewählte Redewendung «Wer zahlt, befiehlt» müsse aber relativiert werden.

«Der Bundesgesetzgeber wollte, dass es sich bei den Kesb um unabhängige, professionelle und interdisziplinäre Fachbehörden handelt, die den gesetzlichen Auftrag haben, nach den konkreten Umständen gebotene Massnahmen anzuordnen. Dieser wollte aber nicht, dass die Kesb aus finanziellen Gründen eine gebotene Massnahme nicht rechtzeitig anordnen, hinausschieben oder unter Umständen ganz unterbleiben lassen.» Daran ändere sich auch nichts, wenn die Kostenträgerschaft für die Folgekosten ganz oder teilweise auf derselben staatlichen Ebene angesiedelt ist wie die Kesb. «Es ist alleine die Kesb, die im zivilrechtlichen Kindesund Erwachsenenschutz die gebotene Massnahme beschliessen muss. Gegebenenfalls muss der Staat die Kosten dafür bezahlen», so das Fazit der Regierung.

Ein falscher Anreiz In der Antwort führt die Regierung aus, dass die Sozialdienste der Gemeinden im «freiwilligen » Kindes- und Erwachsenenschutz nach wie vor eine sehr wichtige Funktion wahrnehmen, indem diese mit den Betroffenen Lösungen erarbeiten, welche die Gemeinde bei Bedürftigkeit der Betroffenen auf Beschluss der Fürsorgebehörde subsidiär finanziert. «Werden lediglich die Folgekosten von Massnahmen zur Hälfte auf den Kanton verlagert, wird insofern ein falscher Anreiz geschaffen, als diese ‹freiwilligen› Massnahmen kaum mehr von den Gemeinden in die Wege geleitet würden», so die Regierung.

Grund: Die Kosten der von der Kesb angeordneten Massnahme würden dann zur Hälfte zulasten des Kantons gehen, während die Kosten der freiwilligen Hilfsmassnahme wie bisher gänzlich zulasten der Gemeinden gingen. «Die Konsequenz wäre, dass die Verfahren bei den Kesb unnötigerweise ansteigen. Um dies zu verhindern, müssten auch die Folgekosten der sogenannt freiwilligen Massnahmen zur Hälfte auf den Kanton verlagert werden», erklärt die Regierung.

Besteht ganz grundsätzlich Reformbedarf? Fest steht gemäss Regierung, dass der geforderte Systemwechsel mit einer je hälftigen Kostentragung durch den Kanton und die Gemeinden eine erhebliche Kostenverlagerung von den Gemeinden zum Kanton zur Folge hätte. Der Systemwechsel hätte zwar keinen Einfluss auf die Arbeitsweise und die Entscheide der Kesb, könnte jedoch die Ausgangslage für das Zusammenwirken der Kesb und der Gemeinden wesentlich verbessern.

Da das Gesetz über soziale Einrichtungen inzwischen zwölf Jahre alt sei und sich in dieser Zeit die Umwelt im Bereich der sozialen Einrichtungen und Angebote teilweise stark verändert habe, müsse ohnehin geprüft werden, ob bei der Sozialgesetzgebung im weiteren Sinne Revisionsbedarf bestehe. «In diesem Rahmen soll auch der geforderte Kostenteiler geprüft werden», führt die Regierung aus.

Deshalb beantragt der Regierungsrat dem Kantonsrat, die Motion in ein Postulat umzuwandeln und erheblich zu erklären.

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