Die Märkte reagieren häufig nicht vernünftig
Am Anlegerpodium der Schwyzer Kantonalbank stand vorgestern das menschliche Hirn im Zentrum.
JÜRG AUF DER MAUR
«Wir sind an einem Scheideweg », konstatiert Thomas Heller. Der Investment-Chef der Schwyzer Kantonalbank erklärte vorgestern Abend vor rund 150 Personen im Brunner «Waldstätterhof » die neuesten Trends bei den Anlagen und was es zu beachten gilt. Kurz: Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die endlose Brexit-Debatte und die allgemein schwache Konjunktur machen es Anlegern derzeit extrem schwierig. Für jede Meinung und Position lasse sich mit guten Gründen auch das Gegenteil darlegen.
Das Gebot der Stunde sei, so Heller, Vorsicht walten zu lassen. Dabei gelte es aber auch darauf zu achten, dass man vor lauter Vorsicht nicht zu stark auf die Bremse trete.
Weshalb der Markt nicht immer vernünftig reagiert Dieses Fazit stimmte sehr gut mit dem Alltag des Profi-Anlegers überein. «Wir kämpfen tagtäglich damit, keine falschen Zusammenhänge zu konstruieren», führte Heller aus. Er nahm damit einen Faden auf, welcher zuvor im Zentrum zweier Referate gestanden hatte. Heller ging dabei der Frage nach, ob und wie rational Märkte sind respektive reagieren. Die Frage werde in der Forschung nicht nur sehr kontrovers diskutiert. Interessanterweise erhielten Vertreter für beide Positionen, also dass der Markt rational oder nicht rational ist, für ihre Grundlagenarbeit den Nobelpreis. Für Heller liegt die Wahrheit dazwischen. «Der Markt ist in der Regel nicht irrational, aber nur beschränkt rational. » Der Grund: Anleger machen Fehler. Das führt, wie er anhand von einigen Experimenten zeigte, dazu, dass am Schluss auch jene verlieren können, die eigentlich richtig analysierten und entschieden. Heller: «Es nützt nichts, wenn Sie recht haben und alle anderen in die andere Richtung gehen.» Wer anlegen wolle, brauche drei Dinge: Zeit, einen Plan und viel Disziplin. Fehle nur eine dieser drei Komponenten, scheitere man. «Es braucht eine gewisse Demut vor dem Markt», zeigte sich Heller denn auch überzeugt. Weshalb das so ist und weshalb der Mensch eben nicht nur immer vernünftig ist, hatte zuvor der Neuropsychologe Lutz Jäncke ausgeführt. Der Zürcher ETH-Professor verstand es, in einfachen Worten komplexe Zusammenhänge rund um das menschliche Hirn aufzuzeigen und zu erklären.
«Unser Hirn ist nicht für absolute Entscheide geeicht», sagte Jäncke. Der Mensch sei so konstruiert, dass er an seine Grenzen gehe. Er habe ausserdem einen grenzenlosen Glauben, «vernüftig zu sein». Der Mensch sei zudem Weltmeister im Interpretieren. Dabei seien das Vertrauen und die Bindung das Wichtigste für den Menschen.
Mit zahlreichen Experimenten zeigte schliesslich auch Jäncke, weshalb der Mensch gar nicht vernünftig sein könne. Häufig machen ihm nämlich, so der Zürcher Neuropsychologe, Emotion und Intuition einen Strich durch die Rechnung. (adm)
«Der Mensch hat einen grenzenlosen Glauben, vernünftig zu sein.»
Lutz Jäncke